26. Dezember, 2024

Politik

„Politikwechsel“ mit Hindernissen – Was Friedrich Merz wirklich umsetzen kann

Steuersenkungen, Migrationswende, Rückabwicklung von Ampel-Gesetzen – Friedrich Merz verspricht einen Kurswechsel. Doch in der politischen Realität sieht vieles weniger einfach aus.

„Politikwechsel“ mit Hindernissen – Was Friedrich Merz wirklich umsetzen kann
Der Finanzpuffer von 10 Milliarden Euro aus Schäubles Ära gibt Merz einen kleinen Startvorteil – doch reicht das für tiefgreifende Reformen?

Der Kanzlerkandidat der Union kündigt einen umfassenden Politikwechsel an, sollte die CDU/CSU nach der Bundestagswahl im Februar die Regierung übernehmen. „Wieder nach vorn“, lautet sein Wahlkampfslogan, der an die Ära Helmut Kohl erinnert.

Doch hinter den Versprechungen verbergen sich zahlreiche Hürden: von politischen Zwängen über finanzielle Engpässe bis hin zu EU-Vorgaben, die kaum Spielraum lassen.

Mehr als ein Federstrich

Die Botschaft ist klar: Gesetze der Ampel-Regierung wie das Heizungsgesetz oder die Cannabis-Legalisierung sollen verschwinden. Aber was sich auf Wahlplakaten eingängig liest, ist rechtlich und praktisch eine Herkulesaufgabe.

Ein Beispiel: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG), häufig als Heizungsgesetz bezeichnet, sorgt seit Monaten für hitzige Diskussionen. Merz will es kippen, doch die EU-Gebäuderichtlinie EPBD macht das Vorhaben fast unmöglich. Diese schreibt ab 2030 noch strengere Vorgaben vor, etwa den Verzicht auf fossile Brennstoffe in Neubauten.

Selbst wenn Merz Kanzler wird, bleibt er an europäische Vorgaben gebunden. Experten raten daher, sich von „pauschalen Wahlkampfaussagen“ nicht täuschen zu lassen.

Friedrich Merz präsentiert mit „Wieder nach vorn“ ein ambitioniertes Programm, doch EU-Vorgaben und leere Kassen könnten viele seiner Pläne ausbremsen.

Steuersenkungen mit Fragezeichen

Ein weiteres Kernstück seiner Agenda: Steuersenkungen. Unternehmen sollen statt 30 Prozent nur noch 25 Prozent zahlen, der verbliebene Solidaritätszuschlag soll vollständig wegfallen. Das Ziel ist klar: mehr Investitionen, mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze.

Doch das kostet – und zwar viel. Laut Finanzministerium würde allein die Absenkung der Körperschaftsteuer den Haushalt um 12,5 Milliarden Euro jährlich belasten. Hinzu kommen die bereits bestehenden Löcher: In der mittelfristigen Finanzplanung fehlen bis 2028 rund 65 Milliarden Euro. Wie das finanziert werden soll, bleibt offen.

Migration – Die große Streitfrage

Besonders kontrovers ist Merz’ Plan für eine „Migrationswende“. Schutzsuchende, die über andere EU-Länder nach Deutschland einreisen, sollen zurückgewiesen werden.

Die rechtliche Grundlage sieht Merz in der Dublin-Verordnung. Doch das Abkommen funktioniert in der Praxis nicht, und ähnliche Maßnahmen anderer EU-Länder scheiterten vor dem Europäischen Gerichtshof. Auch ein weiteres Instrument, die Ausrufung einer „nationalen Notlage“, könnte sich rechtlich als fragwürdig erweisen.

Koalitionszwang als Realität

Auch die politische Lage dürfte Merz vor große Herausforderungen stellen. Selbst wenn die Union stärkste Kraft wird, wird sie wohl auf einen oder mehrere Koalitionspartner angewiesen sein – und das könnten Teile der Ampel sein, die wenig Interesse daran haben, ihre eigenen Projekte zurückzunehmen. Erwartungsmanagement statt Überschwang wird nötig sein, um Partner nicht zu verprellen.

Das könnte Sie auch interessieren:

BioNTechs Millionen-Investition in China: Kampf gegen Krebs wird global
Der deutsche mRNA-Pionier BioNTech übernimmt den chinesischen Biotech-Partner Biotheus für 800 Millionen Dollar und verstärkt damit seine Onkologie-Strategie. Ein bispezifischer Antikörper gegen Krebs soll neue Standards setzen.