28. Oktober, 2024

Politik

Politikstrategen am Scheideweg: Japans Koalitionspuzzle nach Wahlverlust

Politikstrategen am Scheideweg: Japans Koalitionspuzzle nach Wahlverlust

Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba sieht sich nach dem Verlust der parlamentarischen Mehrheit seiner Regierungskoalition bei der Unterhauswahl großen Herausforderungen gegenüber. Die Liberaldemokratische Partei (LDP), die von einem Parteispendenskandal erschüttert wurde, und ihr Koalitionspartner Komeito konnten trotz früherer Überlegenheit von 288 Sitzen nur noch 215 der 465 Sitze sichern und verfehlten das Ziel, ihre Mehrheit zu verteidigen. Nun muss Ishiba Gespräche mit potenziellen Partnern aufnehmen, um eine stabile Regierung zu bilden.

In den kommenden 30 Tagen wird das Parlament zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über einen Ministerpräsidenten abzustimmen. Sollte Ishiba in dieser Sitzung das Vertrauen gewinnen, wird er seine Amtsgeschäfte mit einem neu formierten Kabinett fortsetzen. Scheitert er jedoch, droht ihm eine auffällig kurze Amtszeit, wie sie in der japanischen politischen Nachkriegsgeschichte selten vorkommt. Der politische Gegner, die Konstitutionelle Demokratische Partei Japans unter Führung von Yoshihiko Noda, hat zwar an Mandaten gewonnen, besitzt jedoch ebenso keine regierungsfähige Mehrheit.

Ein eventuelles Patt bei der Wahl könnte eine Stichwahl zwischen Ishiba und Noda nach sich ziehen. Nodas Parteizuwächse wurden maßgeblich durch den Frust der Bevölkerung über die LDP-Skandale begünstigt. Sowohl die LDP als auch die Partei Nodas zeigen sich interessiert, Verhandlungen mit anderen Oppositionsgruppen aufzunehmen, um mögliche Koalitionen zu schmieden, während das Oppositionsspektrum Japans fragmentiert bleibt.

Der politische Veteran Ishiba, der erst am 1. Oktober die Führungsrolle von Fumio Kishida übernommen hatte, scheint sich in der Einschätzung seiner Chancen vertan zu haben. Trotz Anzeichen in Wahlumfragen, die auf mögliche Verluste hindeuteten, hatte er das Unterhaus kurz nach seinem Amtsantritt aufgelöst, in der Hoffnung, bei den Neuwahlen am vergangenen Sonntag ein frisches Mandat zu erhalten. Eine Fehleinschätzung, die die politische Landschaft des Landes nun einer ungewissen Zukunft überlässt.