Fünf Stunden nach Warschau – und in eine andere Realität
Wer von Berlin mit dem Zug nach Warschau fährt, ist in weniger als fünf Stunden da – und wirtschaftlich gesehen in einer anderen Welt. Während Deutschland sich im Kreis dreht, legt Polen Tempo vor. Das Land wächst, investiert, zieht an. Und das nicht erst seit gestern.
Laut IWF wird das Bruttoinlandsprodukt Polens bis 2027 jedes Jahr um mehr als drei Prozent zulegen. Deutschland? Kommt aktuell auf null. Wer sich fragt, wohin der Wind weht – die Richtung ist klar.
Vom Billiglohnland zur Boomregion
Polen galt lange als Werkbank Europas. Heute ist es selbstbewusster Industrie- und Innovationsstandort. Große Unternehmen wie Miele verlagern Produktion dorthin. Deutsche Firmen eröffnen Niederlassungen oder bauen bestehende aus.
2022 waren über 650 deutsche Unternehmen in Polen aktiv – mehr als aus jedem anderen Land. Das sagt viel über das Vertrauen. Und noch mehr über das Potenzial.

Deutsch sprechen, polnisch leben: Chancen für Auswanderer
Was bedeutet das für Arbeitnehmer? Überraschend viel. Der polnische Arbeitsmarkt sucht gezielt deutschsprachige Fachkräfte – besonders in Branchen wie IT, Marketing, Recht und Technik.
„Viele Deutsche arbeiten in polnischen Tochterfirmen deutscher Konzerne“, sagt Christoph Fuß von der Agentur Germany Trade and Invest (GTAI). „Manche verdienen netto fast so viel wie in Deutschland – bei deutlich geringeren Lebenshaltungskosten.“
Der Steuer-Trick für Grenzgänger
Noch attraktiver wird’s für alle, die ihren deutschen Job ins Homeoffice nach Warschau verlegen: Denn dank Doppelbesteuerungsabkommen greift ab 184 Tagen im Jahr der polnische Steuersatz – mit rund 33,6 Prozent deutlich unter dem deutschen Schnitt von 47,8 Prozent.
Aber Achtung: Ohne polnische Steuer- und Sozialversicherungsnummer geht nichts. Wer auswandert, muss Papierkram einkalkulieren – aber das Verfahren ist EU-weit vergleichbar.
Mit deutschem Einkommen zum polnischen Top-Verdiener
Die Schere zwischen deutschem und polnischem Durchschnittsgehalt ist noch groß. 2023 lag der Nettojahresverdienst in Polen bei rund 8.000 Euro. In Deutschland waren es fast 22.000 Euro.
Das eröffnet enorme Spielräume für alle, die weiterhin in Deutschland verdienen – ob angestellt oder selbstständig. Schon ein Durchschnittslohn macht einen in Polen zum Spitzenverdiener.

Und: Die Löhne in Polen steigen schneller. Zwischen 2019 und 2023 legten sie um 46 Prozent zu – in Deutschland nur um 20 Prozent. Das sagt viel über die Dynamik.
Wohnen in Warschau, zahlen wie in den Neunzigern
Ein echter Vorteil sind die Lebenshaltungskosten. Laut Numbeo liegen sie in Polen rund 40 Prozent unter dem deutschen Niveau. Lebensmittel sind billiger, eine Nahverkehrs-Fahrkarte kostet oft nur einen Euro. Benzin? Etwa 30 Cent günstiger pro Liter.
Auch bei Immobilien winken Chancen. Zwar sind Wohnungen kleiner und gemessen am Einkommen teurer. Doch wer sucht, findet – besonders in Städten wie Breslau, Posen oder der Dreistadt (Danzig, Gdynia, Sopot).
Projektentwickler haben oft zu viel gebaut – und müssen jetzt verkaufen. Das drückt die Preise.
Kaufen statt mieten – warum Eigentum die Norm ist
In Polen lebt man im Eigentum. Die Mieterquote liegt bei nur 12 Prozent – in Deutschland sind es über 50. Das bedeutet: Wer kaufen will, hat die Wahl. Wer vermieten will, braucht Geduld.
Für Auswanderer, die selbst einziehen wollen, ist das ein Vorteil. Die Hürden für EU-Bürger beim Kauf sind gering. Und die laufenden Kosten niedrig. Nur die Altersvorsorge muss man selbst regeln – die gesetzliche Rente liegt in Polen bei gerade mal 31 Prozent des letzten Einkommens.
Was bei Rente und Versicherung zu beachten ist
Wer nach Polen geht, aber weiter in Deutschland gemeldet bleibt oder freiwillig Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zahlt, kann später auch dort Ansprüche geltend machen – egal, wo man lebt.
Das Gesundheitssystem ist öffentlich, aber ausbaufähig. Private Zusatzversicherungen sind daher oft sinnvoll. Auch hier gilt: Wer plant, spart Nerven – und Geld.
Zuwanderungsland mit überschaubarer Bürokratie
Noch ein Vorteil: Der Umzug ist unkompliziert. Kein Visum, keine Grenzkontrolle, keine komplizierten Auflagen. Polen ist EU- und Schengenmitglied – das macht vieles einfacher.
Und falls der Neuanfang nicht klappt? Die Rückkehr ist genauso schnell organisiert wie der Hinweg. Das senkt die Hemmschwelle – und öffnet Türen für einen echten Neustart.
Das könnte Sie auch interessieren:
