06. Juli, 2024

Politik

Pflegereform: Lauterbach plant umfassendes Maßnahmenpaket

Pflegereform: Lauterbach plant umfassendes Maßnahmenpaket

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach strebt angesichts schnell wachsender Kosten eine weitere grundlegende Pflegereform noch vor der Bundestagswahl an. „Wir werden nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen“, verkündete der SPD-Vertreter in Berlin. Die geplante Reform solle ein umfassendes Maßnahmenpaket beinhalten, das die Kapazitäten des Pflegepersonals erhöht, Pflegebedürftigkeit stärker vermeidet und bestehende Finanzierungslücken schließt. Für die Jahre 2024 und 2025 werden rote Zahlen bei der Pflegeversicherung erwartet, was laut Lauterbach jedoch eine lösbare Herausforderung sei. Von einer drohenden Kostenexplosion sei keine Rede. Der Minister betonte, die Ampel-Koalition werde noch eine bedeutende Pflegereform auf den Weg bringen. Ohne Reformen würde die Pflegeversicherung teurer werden, der Beitragsatz müsste steigen, da die Zahl der Pflegebedürftigen zunähme. Teil der Reformpläne sei daher auch die Vorbeugung von Krankheiten wie Demenz und Schlaganfällen. Viele Pflegefälle seien vermeidbar, so Lauterbach. Außerdem soll der Beruf der Pflegefachkräfte durch erhöhte Kompetenzen attraktiver gestaltet werden. Darüber hinaus seien neue Pflegeangebote geplant, die die Lücke zwischen häuslicher Betreuung und stationärem Heim schließen sollen. Zur Finanzierung stellte Lauterbach auch solidarische Lösungen in Aussicht. Konkrete Vorschläge wollte er nicht nennen, verwies aber auf die politischen und ideenreichen Kräfte der Ampel-Koalition. Das Bundeskabinett hat bereits einen Bericht zur „zukunftssicheren Finanzierung“ der Pflegeversicherung genehmigt, der Szenarien und Stellschrauben möglicher Reformen aufzeigt. Dieser Bericht dient als datenbasierte Grundlage für weitere Beratungen, ohne jedoch eine Vorfestlegung zu beinhalten. Eine frisch genehmigte Stabilisierungsaktion für die Pflege zeichnet sich nun ab, zumal Lauterbach aufgrund von Uneinigkeiten innerhalb der Koalition bislang skeptisch über die Erfolgschancen war. Die erste Reform der Ampel-Koalition brachte Entlastungen für Pflegebedürftige und eine Beitragsanhebung ab dem 1. Juli 2023, was der Pflegeversicherung im letzten Jahr zu einem Überschuss von 1,79 Milliarden Euro verhalf. Die Reformmaßnahmen sollten die Finanzen eigentlich bis 2025 stabilisieren. Dennoch wurde im ersten Quartal 2024 bereits ein Defizit von 650 Millionen Euro verzeichnet. Für das Gesamtjahr wird mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro und für 2025 mit einem Defizit von 3,4 Milliarden Euro gerechnet, was möglicherweise eine erneute Beitragsanhebung von 0,2 Punkten erforderlich machen würde. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte umgehende Gesetzesvorschläge auf Lauterbachs Ankündigungen hin. Ein Steuerzuschuss sei dringend erforderlich. Brysch betonte, dass es nicht ausreiche, nur von neuen Berufsbildern in der Pflege zu sprechen und auf Synergieeffekte zu hoffen. Für die überwiegend zuhause durch Angehörige versorgten Pflegebedürftigen müsse es eine Erhöhung und jährliche Dynamisierung des Pflegegelds geben. Ein zuvor von der Vorgängerregierung eingeführter Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro jährlich war 2024 im Rahmen der Haushaltssanierung gestrichen worden.