Der monatliche Eigenanteil für einen Platz im Pflegeheim erreicht neue Höhen und treibt viele Familien an ihre finanziellen Grenzen. Bundesweit liegt der durchschnittliche Eigenanteil inzwischen bei 2871 Euro im ersten Jahr – eine Steigerung von 211 Euro im Vergleich zum Vorjahr. Und das ist nur der Anfang, warnen Experten.
Energie und Löhne: Die Kostentreiber
Die Gründe für die steigenden Kosten sind vielfältig. Besonders die drastisch gestiegenen Energiepreise haben die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Pflegeheimen in die Höhe getrieben. Lag dieser Posten vor sechs Jahren im Schnitt bei 716 Euro, sind es heute 955 Euro. Der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, rechnet mit einem weiteren Anstieg.
„Die Preisentwicklung ist eine direkte Folge des Energiepreisschocks. Zudem kommen allgemeine Kostensteigerungen bei Lebensmitteln hinzu, die wir an die Bewohner weitergeben müssen“, erklärt Meurer.
Doch nicht nur die Grundkosten steigen. Die Löhne der Pflegekräfte haben sich in den letzten Jahren erhöht – eine längst überfällige Entwicklung, die jedoch die Eigenanteile der Pflegebedürftigen zusätzlich belastet. „Die Angehörigen verstehen, dass Pflegekräfte besser bezahlt werden müssen, aber sie fragen sich auch, wie sie das finanzieren sollen“, so Meurer.
Investitionskosten: Der politische Zündstoff
Besonders brisant ist der Posten „Investitionskosten“. Diese umfassen die Ausgaben für Gebäudeinstandhaltung, Miete und technische Ausstattung. Laut dem Bundesgesundheitsministerium sind die Bundesländer für die Finanzierung dieser Kosten zuständig. Doch viele Länder kommen ihrer Verpflichtung nicht nach, weshalb die Heimbewohner die Zeche zahlen müssen.
„Die Länder müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und mehr Mittel bereitstellen“, fordert der bpa. Verbände wie die Barmer Krankenkasse kritisieren, dass die Versicherten unnötig belastet werden. „Mit einer besseren Förderung durch die Länder könnten die Eigenanteile deutlich gesenkt werden“, heißt es in einer Stellungnahme.
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Ambulante Pflege: Kaum besser
Auch in der ambulanten Pflege zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Kosten für häusliche Pflege sind in den letzten Jahren explodiert, während die Leistungen der Pflegeversicherung nahezu unverändert geblieben sind. Für viele Familien bedeutet das, schwierige Entscheidungen zu treffen.
„Es ist erschütternd, wenn Angehörige überlegen müssen, ob sie es sich noch leisten können, dass die Oma zweimal die Woche geduscht wird“, sagt Meurer.
Pflegeversicherung als Selbstbedienungsladen
Die Pflegeversicherung steht ebenfalls in der Kritik. Sie wurde in den letzten Jahren durch zusätzliche Leistungen wie Rentenpunkte für pflegende Angehörige oder Behandlungspflege im Heim immer weiter belastet. Meurer fordert eine klare Trennung der Finanzierung: „Diese Kosten gehören in den Bundeshaushalt oder in die Krankenkassen. Würde man die Pflegeversicherung entlasten, könnten die Eigenanteile um bis zu acht Milliarden Euro reduziert werden.“
Was können Betroffene tun?
Für Familien, die einen Pflegeplatz suchen, empfiehlt Meurer, die Kostenaufstellungen der Heime genau zu prüfen. Besonders der Investitionsaufwand sollte hinterfragt werden: „Wenn dieser Posten längere Zeit nicht erhöht wurde, ist eine Anpassung oft absehbar.“
Orientierung bieten Online-Tools wie der Pflegenavigator der AOK, die detaillierte Informationen zu den Kosten bereitstellen.