Der Bundeswehrverband, unter der Leitung seines Vorsitzenden André Wüstner, hebt mahnend die Hand in Bezug auf die aktuelle militärische Personalstrategie in Deutschland. Das Fehlen einer klaren Anerkennung des Personalbedarfs der Bundeswehr im Koalitionsvertrag gibt Anlass zur Besorgnis. Laut Wüstner könnte das Fehlen eines signifikanten Anstiegs der Personalstärke zu einem Zusammenbruch der Streitkräfte führen. Dies sei vor dem Hintergrund stetig wachsender Anforderungen bei gleichzeitig sinkender Zahl aktiver Soldaten besonders kritisch zu betrachten.
Mit ungefähr 200.000 Mitgliedern repräsentiert der Verband sowohl Soldaten als auch zivile Angestellte der Bundeswehr. Doch trotz intensiver Nachwuchsförderungsprogramme zeigt die demographische Entwicklung ein bedenkliches Bild: Die Zahl der aktiven Soldaten ist von 183.050 am Ende des Vorjahres auf derzeit etwa 181.150 gesunken. Darüber hinaus stellt das steigende Durchschnittsalter der Soldaten eine signifikante Herausforderung für die zukünftige Einsatzfähigkeit der Streitkräfte dar.
Im politischen Diskurs wird die Frage der Wehrpflicht wieder aktuell. Während die Union die Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht unterstützt, favorisiert die SPD Freiwilligkeit und plädiert für eine umfassende gesellschaftliche Diskussion. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte zuvor ein Modell präsentiert, das die Bereitschaft junger Männer, sich freiwillig zum Wehrdienst zu melden, fördern sollte. Wüstner spricht sich deutlich für eine Wiedereinführung eines Modells ähnlich dem schwedischen System der Wehrpflicht aus, welches er als entscheidend für die Stärkung der nationalen Verteidigungsbereitschaft erachtet. Dabei betont er, dass die Unterstützung der gesamten Bundesregierung, nicht nur des Verteidigungsministeriums, vonnöten ist.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat, unter Berücksichtigung der Nato-Anforderungen, den Personalbedarf auf 460.000 Soldaten und Reservisten geschätzt. Zudem könnte die Zukunft der US-Truppen in Europa, besonders unter der Führung von Donald Trump, den strategischen Personalbedarf Deutschlands weiter beeinflussen.
Wüstner warnt davor, den Optimismus ausschließlich auf steigende Verteidigungsausgaben zu gründen. Es sei notwendig, innovative Ansätze und die Bereitschaft zu grundlegenden, disruptiven Veränderungen zu verfolgen, um der Bundeswehr neue Lebenskraft zu verleihen. Er kritisiert auch die lähmenden Effekte von Überregulierung und Zentralisierung, die nicht nur die Bundeswehr, sondern das gesamte Land behindern. Noch sei die Bundeswehr weit von der dringend nötigen Vollausstattung entfernt.