Die britischen Sparer sind gewarnt: Eine als riskant eingestufte Pensionsstrategie sorgt angesichts eines beschleunigten Anstiegs an Beschwerden für Unruhe in der Finanzwelt. Der "Lifestyling"-Ansatz, der ursprünglich als Lösung für die Bedürfnisse von Sparern in beitragsorientierten Rentensystemen konzipiert wurde, steht nun massiv in der Kritik. Die Zahl der Beschwerden beim Financial Ombudsman Service hat sich im Jahr 2023 nahezu verdreifacht - von 61 im Vorjahr auf 176. Im Gegensatz dazu gab es 2021 lediglich vier Beschwerden, während die Jahre 2019 und 2020 noch gänzlich ohne solche Vorfälle auskamen. Beim Lifestyling werden risikoreichere Anlagen, wie wachstumsorientierte Aktien, gegen traditionell als sicherer geltende Anlagen wie Anleihen ausgetauscht, je näher der Ruhestand rückt. Die ursprüngliche Idee hinter dieser Strategie war die Absicherung durch eine lebenslange Rente. Doch die Performance von Staatsanleihen, insbesondere der sogenannten "gilts", ließ stark nach, als die Bank of England ihre Zinsen von Dezember 2021 bis August 2023 insgesamt 14 Mal anhob. Anleihen mit festem Zinssatz verlieren durch solche Zinserhöhungen an Wert, was vielen Sparern Einbußen in Höhe von Zehntausenden Pfund bescherte. Keine Erleichterung verspricht dabei die Ankündigung der Finanzministerin Rachel Reeves, private Renten ab April 2027 der Erbschaftssteuer zu unterwerfen. Experten jedoch sehen in diesem Schritt den Anreiz für Sparer, ihren Rententopf früher zu nutzen, was die Beliebtheit von Annuitäten steigern könnte. Der öffentliche Sektor bleibt jedoch von dieser Steuerlast verschont, da dort vorrangig nicht vererbbare leistungsorientierte Rentenmodelle zum Einsatz kommen. Laut Tom McPhail von der Pensionsberatung The Lang Cat hat der "Lifestyling"-Ansatz an Bedeutung verloren, weil die unklare Zukunft der Nutzung des Rentenkapitals nach der Einführung der "Pensionsfreiheit" 2015 zu einer veränderten Planung führte. Auch die neue Erbschaftsregelung sei eine zusätzliche Komplikation, betont McPhail. Rob Burgeman von RBC Brewin Dolphin bezeichnete den starken Anstieg der Beschwerden über das Lifestyling wenig überraschend.