Ein Mythos an der Börse
Palantir ist eine Firma, die schon immer von einer gewissen Aura des Geheimnisvollen umgeben war. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley wurde einst gegründet, um mit Big-Data-Analysen Terroranschläge zu verhindern – finanziert von der CIA. Heute mischt es in der KI-Revolution mit und wird an der Börse als großer Profiteur gefeiert.
Während viele Tech-Aktien in den letzten Monaten durchwachsene Phasen erlebten, kennt der Kurs von Palantir nur eine Richtung: steil nach oben. Seit Jahresbeginn hat sich die Aktie um fast 50 Prozent verteuert, seit dem Tiefpunkt 2022 sogar um unfassbare 1757 Prozent. Eine Performance, die selbst eingefleischte Tech-Investoren staunen lässt.
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Doch wie real ist diese Erfolgsgeschichte? Kritiker warnen vor einer überhitzten Bewertung. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von 200 sei schlicht nicht zu rechtfertigen. Palantir verdiene zwar immer mehr Geld – aber noch lange nicht genug, um die astronomischen Erwartungen zu erfüllen.
Eine Aktie, die kaum jemand versteht – aber viele kaufen
Ein weiteres Problem: Nur wenige Investoren wissen wirklich, was Palantir genau macht. Klar ist: Die Firma entwickelt Software, die riesige Datenmengen auswertet und darin Muster erkennt – oft für Regierungen, Geheimdienste und Militärs.
In Deutschland nutzt beispielsweise die hessische Polizei Palantirs Analysesoftware Gotham, um Terrorverdächtige aufzuspüren. Auch in den USA setzen Sicherheitsbehörden auf die Technologie. Doch CEO Alex Karp will sich nicht mehr nur auf den öffentlichen Sektor verlassen – er drängt immer stärker in die Privatwirtschaft.
Mit der Plattform Foundry bietet Palantir Unternehmen eine Möglichkeit, ihre Daten effizienter zu nutzen. Firmen wie Ferrari und Airbus schwören darauf, um Entwicklungsprozesse zu optimieren. In der Formel 1 etwa analysiert Foundry Echtzeitdaten aus den Fahrzeugen und gibt den Ingenieuren wertvolle Hinweise zur Abstimmung.
Doch bleibt eine Frage offen: Ist Palantir wirklich ein KI-Vorreiter – oder einfach nur ein geschickter Verkäufer von Analysesoftware?
Analysten sind sich uneins
Während einige Experten das Unternehmen als eine Art „Luxus-KI“ bezeichnen, sehen andere eine gefährliche Überbewertung.
Wedbush-Analyst Dan Ives etwa glaubt an den großen Durchbruch. Er hält ein Kursziel von 120 Dollar für realistisch – und traut der Aktie langfristig sogar eine Marktkapitalisierung von einer Billion Dollar zu. Seine Argumentation: Palantir sei der einzige Anbieter, der KI-Technologie in eine sichere Umgebung für Unternehmen bringt.
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Ganz anders sieht das die Deutsche Bank, die ein Kursziel von 50 Dollar ausgibt – mehr als 50 Prozent unter dem aktuellen Stand. Auch Analysten von Jefferies oder Goldman Sachs halten den aktuellen Kurs für überzogen.
Die geheime Trumpfkarte von Palantir
Ein Grund für den Optimismus der Bullen ist Palantirs enge Verbindung zur US-Regierung. Der Staat ist ein zahlungskräftiger und treuer Kunde. In Washington wurde kürzlich das Department of Government Efficiency (DOGE) ins Leben gerufen – eine Behörde, die den Staatsapparat mit KI effizienter machen soll. Palantir gilt als Favorit für neue Großaufträge.
Und genau hier liegt auch das Risiko: Was, wenn der öffentliche Sektor als Wachstumstreiber ausfällt? Der Markt für KI-gestützte Datenanalysen wächst rasant, doch Konkurrenz gibt es genug. Microsoft, Amazon und Google könnten Palantir in den kommenden Jahren ernsthafte Probleme bereiten.
Jahrhundertchance oder heiße Luft?
Palantir ist eine der faszinierendsten Aktien an der Börse – und eine der am schwersten einzuschätzenden. Die Bewertung ist hoch, die Fantasie groß. Das Unternehmen hat definitiv das Potenzial, in der KI-Branche eine Schlüsselrolle zu spielen. Doch ob es seine ambitionierten Versprechen halten kann, bleibt offen.
Anleger stehen vor einer simplen Frage: Glauben sie an das Narrativ eines einzigartigen KI-Dienstleisters – oder sehen sie in Palantir eine überbewertete Wette, die jederzeit platzen kann?
Die Wahrheit liegt, wie so oft an der Börse, irgendwo dazwischen. Die kommenden Quartale werden zeigen, ob Palantir den hohen Erwartungen gerecht werden kann – oder ob sich der Mythos in Luft auflöst.