Immobilien gelten als sichere Anlage – zumindest war das lange Zeit die weit verbreitete Meinung. Doch seit der Zinswende hat auch das vermeintliche „Betongold“ Risse bekommen.
Offene Immobilienfonds und Aktien leiden unter den steigenden Zinsen, und viele Anleger stellen sich die Frage: Lohnt es sich überhaupt noch, in Immobilien zu investieren?
Die Antwort lautet: Ja, aber mit Vorsicht. Während Immobilienaktien in den vergangenen Monaten starke Schwankungen durchlebt haben, bieten gerade jetzt bestimmte ETFs spannende Möglichkeiten für langfristig orientierte Anleger. Doch wie immer gilt: Wer investiert, braucht Geduld und starke Nerven.
Ein volatiler Markt – aber mit Chancen
127 Milliarden Euro haben Anleger in offene Immobilienfonds investiert – ein beeindruckender Betrag, der zeigt, wie beliebt diese Anlageform nach wie vor ist. Doch gerade in der aktuellen Hochzinsphase ziehen viele ihr Geld ab.
Die Folge: Fonds müssen abgewertet werden, Anleger stecken fest, da die Rückgaberegeln seit 2013 eine zwölfmonatige Kündigungsfrist vorschreiben.
Auch Immobilienaktien sind unter Druck. Börsennotierte Konzerne wie Vonovia oder LEG haben Verluste hinnehmen müssen. Die Aktienkurse dieser Unternehmen sind in den letzten Jahren teils dramatisch eingebrochen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Immobilienaktien und Fonds keine Option mehr sind. Im Gegenteil: In einem gut strukturierten Portfolio können sie weiterhin ihren Platz finden, betont David Bienbeck von der Vermögensverwaltung Albrech & Cie.
ETFs: Die bessere Wahl?
Für viele Experten sind ETFs auf Immobilienaktien derzeit die attraktivste Möglichkeit, breit gestreut in den Immobilienmarkt zu investieren.
Karim Rochdi, Chef des Investment-Managers Aventos, rät vor allem zu Indexfonds wie dem FTSE EPRA/Nareit Developed Europe oder dem FTSE EPRA/Nareit North America. Diese ETFs bündeln die größten Immobilienunternehmen und bieten Anlegern eine breite Diversifikation bei niedrigen Kosten.
Hier gehts zur Aktienanalyse der Realty Income Corporation:
Besonders attraktiv: In Nordamerika haben viele Immobilienunternehmen die Rechtsform eines Real Estate Investment Trusts (REITs). Diese müssen 90 Prozent ihrer Gewinne an die Aktionäre ausschütten, was sie für langfristige Investoren besonders interessant macht.
Immobilienaktien: Potenzial und Risiken
Die letzte Zeit war alles andere als einfach für Immobilienaktien. Zwischen der ersten Zinserhöhung der EZB im Juli 2022 und September vergangenen Jahres verlor der FTSE EPRA/Nareit Developed Europe Index bis zu 44 Prozent an Wert.
Das klingt dramatisch, doch seit November 2022 hat sich der Index um beeindruckende 36 Prozent erholt. Anleger, die den Mut hatten, während der Tiefpunkte investiert zu bleiben, könnten jetzt belohnt werden.
Doch Vorsicht: Immobilienaktien bleiben volatil und sind stärker von allgemeinen Marktbewegungen abhängig als andere Anlageklassen.
„Steigende Zinsen erzeugen einen Abwertungsdruck auf Immobilien“, erklärt Sonja Knorr, Senior Analystin bei Scope.
Dieser Preisdruck ist ein zentraler Faktor, der immer bedacht werden muss.
Offene Immobilienfonds: Keine risikolose Option
Offene Immobilienfonds haben die Zinswende zunächst besser überstanden als Immobilienaktien, doch auch hier ist der Abwärtstrend nicht zu übersehen. So schrumpfte die durchschnittliche Rendite in den zwölf Monaten bis Ende April 2023 auf nur noch 0,5 Prozent.
In einigen Fällen erlebten Anleger sogar herbe Verlste. Besonders stark traf es den Leading Cities Invest der KanAm Grund, dessen Portfolio im vergangenen November um 11 Prozent abgewertet wurde.
Ein weiteres Beispiel ist der UniImmo: Wohnen ZBI, der fast ausschließlich in Mietwohnungen investiert und im Juni 2023 einen Verlust von über 16 Prozent hinnehmen musste. Auch hier zeigt sich: Immobilien sind kein sicherer Hafen, und selbst erfahrene Fondsmanager sind nicht vor Fehlspekulationen gefeit.
Geduld und Nerven gefragt
Sowohl bei Immobilienaktien als auch bei Fonds gilt: Es braucht Geduld. Doch für Anleger, die den langen Atem haben, könnten sich jetzt interessante Chancen auftun. Denn trotz aller Unsicherheiten sehen Experten wie Karim Rochdi langfristig Potenzial.
„REITs und Immobilien-ETFs bieten auf lange Sicht attraktive Renditen, aber man muss die Volatilität aushalten“, erklärt er.
Wohin mit dem Geld?
Immobilien sind nach wie vor eine wertvolle Anlageklasse, aber die Zeiten, in denen sie als unerschütterliches „Betongold“ galten, sind vorbei. Wer heute in Immobilien investieren möchte, sollte sich der Risiken bewusst sein, aber auch die Chancen nicht übersehen. Besonders Immobilien-ETFs bieten eine spannende Möglichkeit, breit gestreut und zu geringen Kosten in den Markt einzusteigen – wenn man bereit ist, das Auf und Ab der Börsen auszuhalten.