Ein falscher Tweet – und die Wall Street bebt
Die Nervosität ist zurück. Und zwar mit voller Wucht. Was sich an der Wall Street derzeit abspielt, erinnert in seiner Wucht und Unberechenbarkeit an die ersten Tage der Finanzkrise 2008.
Am Freitag keimte noch Hoffnung auf – dann kam Donald Trump. Mit einem Tweet, einem Ultimatum, einer neuen Eskalationsstufe im Handelsstreit mit China. Und die Märkte? Brechen ein.
Ein Kursrutsch, der wehtut
Besonders hart trifft es Apple. Innerhalb von drei Handelstagen hat der wertvollste Konzern der Welt über 600 Milliarden Dollar an Börsenwert verloren. Analysten sprechen von einer tektonischen Verschiebung im Machtgefüge der Tech-Welt.
Denn während Microsoft, Alphabet oder Nvidia noch halbwegs stabil durch die Turbulenzen steuern, gerät Apple richtig ins Rutschen.
Warum? Weil Apple sich zu lange auf China verlassen hat
Über 90 Prozent aller iPhones werden in China produziert. Das war lange kein Problem – jetzt ist es eines. Denn China reagiert auf Trumps neue Zolldrohungen mit Gegenzöllen.
Und ausgerechnet Apple steht dabei im Zentrum. Wedbush-Analyst Dan Ives bringt es auf den Punkt:
„Kein US-Tech-Konzern ist so abhängig von China wie Apple.“
Cook hat die Ausweichstrategie verschlafen
Zwar versuchte Apple in den letzten Jahren, Teile der Produktion nach Indien oder Vietnam zu verlagern. Doch echte Unabhängigkeit hat das nicht gebracht. Noch immer läuft fast alles über China. Und das wird jetzt teuer.
Sehr teuer. Für die nächste iPhone-Generation, die im Herbst erwartet wird, könnte das massive Preisaufschläge bedeuten – bis zu 500 Dollar mehr pro Gerät, schätzen Analysten.
Apple bekommt Druck von zwei Seiten
Nicht nur die Produktionskosten steigen. Auch in China selbst verliert Apple Marktanteile. Chinesische Konsumenten wenden sich zunehmend heimischen Marken wie Huawei zu.
Und das chinesische Regime lässt durchblicken, dass man westliche Anbieter nicht länger bevorzugt behandeln wird. Wer raus will aus China, muss mit Repressalien rechnen.

Microsoft zeigt, wie man es besser macht
Im Vergleich wirkt Microsoft wie das Paradebeispiel für strategische Resilienz. Der Konzern verkauft keine physischen Produkte, ist breit aufgestellt im Cloudgeschäft und hat langfristige Verträge mit Unternehmen weltweit.
Zwar fiel auch der Microsoft-Kurs, aber weniger stark. Und: Er erholte sich nachbörslich wieder.
Alphabet und Nvidia halten sich – noch
Auch Alphabet profitiert davon, dass digitale Dienstleistungen schwerer zu besteuern sind als Smartphones. Aber: Wenn die Rezession kommt, brechen Werbeeinnahmen weg.
Nvidia hingegen wirkt noch erstaunlich stabil – was an der Sonderkonjunktur durch Künstliche Intelligenz liegt. Doch auch hier könnten Exportbeschränkungen Richtung China zum Problem werden.
Trumps Kurs? Maximal unberechenbar
Das Problem ist nicht nur der Handelskonflikt an sich – sondern wie erratisch er geführt wird. Ein Gerücht, Trump würde auf den Rat von Bill Ackman hören und die Zölle pausieren, ließ die Börsen am Montag kurz steigen.
Wenige Stunden später stellte Trump klar: Keine Pause. Im Gegenteil. China habe bis Dienstag Zeit, seine „Missbräuche“ zu beenden – sonst werde nachgelegt.
Die Märkte haben genug davon
Das Problem mit dieser Art Politik: Sie lässt sich nicht kalkulieren. Anleger wollen keine Überraschungen, sondern Verlässlichkeit. Wenn Tweets mehr bewegen als Fundamentaldaten, schalten Investoren auf Rückzug.
Und das geschieht jetzt. Analysten wie Larry McDonald, einst selbst bei Lehman Brothers, sehen die Parallelen zur Finanzkrise deutlich. Auch damals habe man geglaubt, eine Eskalation bleibe ohne Folgen.
Ein technischer Rücksetzer – oder der Beginn eines Systemfehlers?
Natürlich, sagen viele, sei eine Korrektur bei Tech-Werten längst überfällig gewesen. Die Kurse waren heißgelaufen, die Bewertungen sportlich. Aber dieser Crash ist anders. Er kommt nicht aus dem Markt – er wird politisch erzeugt. Das macht ihn gefährlicher. Denn niemand weiß, wie tief es noch gehen kann.

Apple steht vor einer strategischen Entscheidung
Tim Cook muss bald entscheiden, wie viele iPhones für den Herbst gebaut werden – und wo. Doch selbst wenn er sich von China lösen will: Es fehlt die Zeit. Lieferketten sind keine Laptops, die man einfach umsteckt.
Und neue Werke in Indien brauchen Jahre, bis sie die gleiche Qualität liefern können. Derweil bleibt offen, ob Kunden inmitten einer weltweiten Konjunkturflaute überhaupt bereit sind, 1.600 Dollar für ein neues Modell zu zahlen.
Das Vertrauen wankt – weltweit
Nicht nur in den USA, auch in Europa wächst die Unsicherheit. Die EU denkt laut über eigene Strafzölle auf digitale US-Dienste nach – eine Reaktion auf Trumps Kurs. Das ist mehr als Symbolpolitik. Es zeigt: Die Globalisierung, wie wir sie kennen, steht zur Disposition.
Was bleibt, ist ein Gefühl der Orientierungslosigkeit. Selbst Apple, lange das Bollwerk der Börse, wirkt angeschlagen. Microsoft und Nvidia geben kurzfristig Halt – aber niemand weiß, wie lange noch. Es ist diese Unsicherheit, die den Märkten zusetzt. Und sie ist politisch gemacht.
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