Ein Markt verschwindet – und mit ihm die Hoffnung
Ohne große Ankündigung, ohne offizielle Bestätigung, aber mit weitreichender Wirkung: China hat offenbar seine heimischen Fluggesellschaften angewiesen, keine Maschinen des US-Flugzeugbauers Boeing mehr abzunehmen – weder Jets noch Ersatzteile.
Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insiderkreise. Der Schritt kommt zur Unzeit. Für Boeing, das sich ohnehin mühsam aus einer jahrelangen Vertrauenskrise arbeitet, wäre der Rückzug des chinesischen Marktes nicht weniger als ein Desaster.
Der Handelskonflikt landet auf der Startbahn
Der Hintergrund ist schnell skizziert: Die Spannungen zwischen den USA und China eskalieren erneut. Erst verhängt Washington Strafzölle von bis zu 145 Prozent auf chinesische Waren, dann zieht Peking nach – mit eigenen Zollerhöhungen auf US-Importe, teilweise bis zu 125 Prozent.
Nun scheint der Konflikt auf die Luftfahrt überzugreifen. Für Boeing ist das besonders bitter: China gehört zu den wichtigsten Absatzmärkten der Welt. Rund ein Fünftel der globalen Flugzeugnachfrage dürfte in den kommenden 20 Jahren aus der Volksrepublik kommen.
Ein Verbot mit vielen Facetten
Offiziell bestätigt ist die neue Linie aus Peking bislang nicht. Doch dass die Airlines bereits über entsprechende Anweisungen verfügen, gilt als sicher.
Auch soll die Regierung laut Bloomberg darüber nachdenken, staatliche Unterstützungsprogramme für jene Fluggesellschaften aufzusetzen, die bereits geleaste Boeing-Jets betreiben – etwa für den Fall, dass Kosten steigen oder Ersatzteile knapp werden.

Das legt nahe: Der politische Wille, Boeing aus China herauszudrängen, ist real.
Boeing-Aktie im Sinkflug
Die Börse reagierte umgehend. Noch vor Handelsstart verlor die Boeing-Aktie drei Prozent an Wert. Die Nervosität ist nachvollziehbar. Der Konzern, ohnehin geplagt von Qualitätsproblemen und Produktionspannen, braucht jeden Auftrag.
Die vergangenen Jahre waren geprägt von Rückschlägen – zwei Abstürze der 737 Max mit 346 Toten, technische Mängel, und Anfang 2024 erneut ein Aufsehen erregender Zwischenfall mit einer herausgebrochenen Türabdeckung.
Airbus als lachender Dritter
Der große Rivale Airbus könnte derweil profitieren. Der europäische Flugzeugbauer ist in China deutlich besser positioniert. Schon vor der Eskalation des Handelsstreits hatte Airbus einen Fuß in der Tür – inklusive Endmontage-Standort in Tianjin und langfristigen Verträgen mit chinesischen Airlines.
Sollte Boeing tatsächlich dauerhaft vom chinesischen Markt verdrängt werden, könnte Airbus seine Stellung in Asien weiter ausbauen – nicht durch Innovation, sondern durch geopolitische Verschiebungen.
Ein Konzern ohne Ruhepause
Für Boeing reiht sich die nächste Krise an die letzte. Kaum scheint ein Problem technisch gelöst, droht der nächste Reputationsschaden – nun politischer Natur. Der Konzern kann sich keine weiteren Rückschläge leisten.
Schon jetzt ist das Vertrauen vieler Kunden angeschlagen, neue Aufträge bleiben aus, und die Produktionskette steht unter Druck. Der Verzicht auf China wäre dabei mehr als nur ein verlorener Markt – es wäre ein Signal an den Rest der Welt.
Technologie, Sicherheit – und politische Kontrolle
In der Luftfahrt geht es längst nicht mehr nur um Aerodynamik und Schubkraft. Wer heute Jets verkauft, handelt auch geopolitische Interessen. Chinas mutmaßliches Boeing-Verbot ist nicht nur ein wirtschaftlicher Schritt – sondern eine Machtdemonstration. Die Botschaft: Wer sich politisch querstellt, fliegt raus. Und zwar buchstäblich.
Das könnte Sie auch interessieren:
