In Deutschlands Städten stauen sich Einbürgerungsanträge, und die Wartezeiten ziehen sich ins Uferlose. Mehr als 217.000 Menschen warten allein in den 25 größten Städten auf ihren deutschen Pass – oft seit Jahren. Seit der Einbürgerungsreform im Juni schnellen die Anträge in die Höhe, die Behörden stehen mit den Anforderungen völlig überfordert.
Ein Ansturm, der überfordert
Die Idee: Mit dem neuen Einwanderungsrecht wollte Deutschland endlich international mithalten. Schnellere Einbürgerungen sollten möglich werden, teilweise schon nach fünf Jahren Aufenthalt.
Doch die Reform prallt auf die Realität: Die Zahl der Anträge stieg binnen zwei Jahren um 50 Prozent, allein in diesem Jahr wurden bisher rund 122.882 Anträge gestellt.
„Täglich erreichen uns im Durchschnitt 104 neue Anträge – das ist eine riesige Herausforderung,“ berichtet ein Sprecher des Berliner Einwanderungsamts.
Andere Städte kämpfen mit denselben Problemen, aber oft fehlt schlicht das Personal.
Die Behörden geben an, dass es mindestens 18 Monate dauert, bis ein Antrag bearbeitet wird – das ist fast noch die optimistische Schätzung. In Leipzig wartet man mittlerweile bis zu 50 Monate, bevor das Verfahren überhaupt startet. Kommunen wie der Bodenseekreis nehmen gar keine neuen Anträge mehr an. Statt eines modernen Einbürgerungssystems herrscht also Chaos.
Drei Hauptgründe für das Debakel
Warum stauen sich die Anträge so enorm? Es gibt drei Hauptursachen:
- Massiv gestiegene Antragszahlen: Immer mehr Menschen erfüllen die Voraussetzungen zur Einbürgerung, was in der Praxis einen Ansturm auf die Ämter bedeutet.
- Personalnot in den Ämtern: Die Stellen für Einbürgerungsverfahren sind vielerorts nur schwer zu besetzen. In einigen Städten fehlen schlicht die Fachkräfte, um mit der Bearbeitung Schritt zu halten.
- Zusätzliche Prüfungen: Die Einbürgerungsreform fordert eine erweitere Loyalitätserklärung, die Einbürgerungswillige zur Anerkennung der deutschen Geschichte verpflichtet. Auch wenn diese Anforderung Sinn macht, bedeutet sie zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Prüfungen.
Zusätzlich verschärfen abgelaufene Dokumente das Problem. Weil Anträge oft jahrelang unbearbeitet liegen bleiben, müssen alte Papiere wieder neu angefordert werden – ein Teufelskreis, der die Verfahren noch länger macht.
Drohende Klagewelle: Folgen für die Städte
Der Frust wächst – nicht nur bei den Antragstellern, sondern auch bei den Mitarbeitern in den Ämtern. Es ist bereits absehbar, dass viele Betroffene Untätigkeitsklagen anstrengen könnten, da die Behörden die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen nicht einhalten.
Solche Klagen belasten jedoch nicht nur die Gerichte, sondern auch die städtischen Budgets, die durch mögliche Rechtskosten weiter unter Druck geraten.
„Einige Kommunen verzögern die Annahme von Anträgen gezielt, um der Klageflut zu entgehen,“ kritisiert Hans Vorländer, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration. Doch er betont: „Diese Klagen werden kommen.“
Forderungen an den Bund
Die Städte fordern daher dringend Unterstützung vom Bund. Bonn beispielsweise schlägt vor, dass die Verwaltungsvorschriften angepasst werden, um den Prüfaufwand zu verringern.
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Auch eine Erhöhung der Einbürgerungsgebühren wird vorgeschlagen, um die gestiegenen Verwaltungskosten zumindest teilweise zu decken. Derzeit zahlt ein Erwachsener 255 Euro für seinen Einbürgerungsantrag – ein Betrag, der seit Jahrzehnten unverändert ist und in keiner Relation zum Aufwand steht.
Zukunft der Einbürgerung: Der Bund am Zug
Die aktuelle Lage zeigt: Die Einbürgerungsreform braucht dringend Nachbesserungen, wenn sie Deutschland als modernen Einwanderungsstaat positionieren soll.
Ein schnelleres Verfahren und klare Regelungen zu alternativen Dokumenten wären wichtige Schritte, um die Verfahren effizienter zu gestalten. Doch ohne zusätzliche Ressourcen und klare Vorgaben wird sich an der überlasteten Lage kaum etwas ändern.
Die Einbürgerungsreform sollte Tempo bringen – doch stattdessen droht sie im Behördendschungel zu versinken. Die Städte kämpfen um Lösungen, doch der Druck wächst.