16. März, 2025

Energy

Wie sich der einstige Energieexporteur zum Netto-Importeur wandelt

Deutschland war einst Europas Stromlieferant, doch die Zeiten haben sich gewandelt. Neue Zahlen zeigen: Der Import von Elektrizität steigt rasant, während die inländische Erzeugung sinkt.

Wie sich der einstige Energieexporteur zum Netto-Importeur wandelt
2024 importierte die Bundesrepublik 81,7 Milliarden Kilowattstunden Strom – ein Anstieg um fast 18 Prozent. Gleichzeitig sanken die Exporte weiter.

Ein Land im Wandel – Von der Stromnation zum Netto-Importeur

Deutschland galt lange als führender Stromexporteur in Europa. Doch diese Ära ist vorbei. 2024 importierte die Bundesrepublik 81,7 Milliarden Kilowattstunden Strom – ein Plus von fast 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Gleichzeitig sanken die Exporte von 60,1 Milliarden auf 55,4 Milliarden Kilowattstunden. Der Importüberschuss hat sich somit von 9,2 Milliarden auf 26,3 Milliarden Kilowattstunden fast verdreifacht. Eine dramatische Kehrtwende für das Land, das einst Energie in alle Himmelsrichtungen lieferte.

Warum sinkt die heimische Stromproduktion?

Die in Deutschland insgesamt eingespeiste Elektrizitätsmenge lag 2024 bei 431,5 Milliarden Kilowattstunden – ein Rückgang von 3,6 Prozent. Gründe dafür gibt es mehrere: Neben einer geringeren Nachfrage durch den Produktionsrückgang im verarbeitenden Gewerbe ist es vor allem die veränderte Energiepolitik, die sich bemerkbar macht. Seit der endgültigen Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke im April 2023 ist die Abhängigkeit von Importen gestiegen.

Woher kommt Deutschlands Strom?

Die wichtigsten Stromlieferanten sind Frankreich, Belgien und die Schweiz. Paradoxerweise stammt ein erheblicher Teil dieser Importe aus Kernenergie – einer Technologie, die Deutschland selbst nicht mehr nutzt.

Stromerzeugung 2024: 59,4 % aus erneuerbaren Energieträgern
Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 431,5 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und in das Netz eingespeist. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt, waren das 3,6 % weniger Strom als im Jahr 2023. Gründe für den Rückgang waren insbesondere ein geringerer Strombedarf infolge des Produktionsrückgangs im Produzierenden Gewerbe sowie der vermehrte Import von Strom aus dem Ausland. Mit einem Anteil von 59,4 % stammte der im Jahr 2024 inländisch erzeugte und ins Netz eingespeiste Strom mehrheitlich aus erneuerbaren Energiequellen. Insgesamt stieg die Stromerzeugung aus diesen Quellen gegenüber dem Vorjahr um 2,3 % auf 256,4 Milliarden Kilowattstunden und erreichte damit einen neuen Höchstwert. 2023 hatte der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Quellen noch bei 56,0 % gelegen. Demgegenüber sank die Stromerzeugung aus konventionellen Energieträgern 2024 im Vorjahresvergleich um 11,0 % auf 175,1 Milliarden Kilowattstunden und einen Anteil von 40,6 % des inländisch erzeugten Stroms.

Schätzungen der Radiant Energy Group zufolge kommt rund die Hälfte des importierten Stroms aus diesen drei Ländern. Besonders Frankreich profitiert von der Nachfrage, da das Land einen Großteil seines Stroms durch Atomkraftwerke erzeugt und Überschüsse ins Ausland verkauft.

Der wachsende Anteil erneuerbarer Energien

Während die konventionelle Stromerzeugung in Deutschland zurückgeht, steigt der Anteil erneuerbarer Energien. 2024 wurden 59,4 Prozent der Elektrizität aus Wind-, Solar-, Wasser- und Biogasanlagen erzeugt – ein Anstieg gegenüber den 56 Prozent im Vorjahr.

Dennoch reicht die heimische Produktion nicht aus, um den Energiebedarf vollständig zu decken. Besonders in Zeiten geringer Sonneneinstrahlung und schwachem Windaufkommen muss die Bundesrepublik auf Stromimporte zurückgreifen.

Die Rolle von Erdgas und die Unsicherheit der Zukunft

Unter den konventionellen Energieträgern gewinnt Erdgas weiter an Bedeutung. Fast 15 Prozent der deutschen Stromproduktion wurden 2024 durch Gaskraftwerke gedeckt.

Doch auch hier gibt es Herausforderungen: Der volatile Gaspreis und die geopolitische Unsicherheit könnten die Versorgung in Zukunft weiter erschweren.

Ein strategischer Wendepunkt für Deutschland

Deutschland steht vor einem energiepolitischen Balanceakt. Während der Ausbau erneuerbarer Energien voranschreitet, bleibt das Land kurzfristig auf Stromimporte angewiesen – insbesondere aus Ländern mit Kernkraftwerken.

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