Verteidigungsminister Pistorius will die Wehrpflicht neu beleben, aber nicht so, wie die Union sich das vorstellt. Der Entwurf des Ministers, eine verpflichtende Befragung junger Männer zur Wehrdienstbereitschaft einzuführen, stößt auf Kritik von CDU und CSU.
„Was Deutschland braucht, ist eine echte Wehrpflicht und keine symbolische Abfrage“, sagt Johann Wadephul, stellvertretender Fraktionschef der Union.
Für die Union geht es um mehr als nur ein Modell – es geht um die Sicherheit des Landes, betont Wadephul.
Ein unverbindlicher Fragebogen oder echte Wehrpflicht?
Der Plan von Pistorius sieht vor, dass junge Männer angeben, ob sie sich einen Wehrdienst grundsätzlich vorstellen könnten – ein Schritt hin zu einer möglichen Wiederaufnahme der Wehrpflicht, jedoch ohne verbindliche Verpflichtung. Die Union zeigt sich unbeeindruckt.
„Die Sicherheitslage ist zu angespannt für solche halben Maßnahmen“, so Wadephul. Stattdessen fordert er ein Modell, das an die Wehrpflicht in Skandinavien erinnert, wo alle jungen Erwachsenen zunächst gemustert und dann auf Eignung geprüft werden.
„Es geht darum, diejenigen zu finden, die bereit sind, ihre Pflicht zu tun – und das verbindlich.“
Die Bundeswehr und der Personalnotstand
Seit Jahren kämpft die Bundeswehr mit sinkenden Bewerberzahlen und einem steigenden Bedarf an Einsatzkräften. Geopolitische Spannungen und die Rolle Deutschlands innerhalb der NATO verschärfen den Personalmangel zusätzlich.
Die Union sieht die Lösung in einer Rückkehr zur verbindlichen Wehrpflicht. Laut Wadephul wäre das die einzige Möglichkeit, eine nachhaltige Personalausstattung der Bundeswehr zu garantieren.
Ein Wehrdienst, der auf Freiwilligkeit setzt, reicht ihm nicht aus. Die große Herausforderung dabei: Eine Rückkehr zur Wehrpflicht bedeutet auch enorme Anforderungen an die Ausbildung und Logistik der Bundeswehr. Trotzdem bleibt die Union überzeugt, dass dies der Weg ist, um die Bundeswehr zu stärken.
Konflikt in der Ampel-Koalition
Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Ampel-Koalition und Union könnten politisch bald eskalieren. Wadephul spricht sich dafür aus, die Minderheitsregierung unter Kanzler Scholz in dieser Frage unter Druck zu setzen. „Je früher Neuwahlen kommen, desto schneller können wir eine Lösung finden, die die Bundeswehr wirklich stärkt“, sagt Wadephul.
In der Ampel-Koalition selbst stößt der Pistorius-Entwurf allerdings auch auf Skepsis. SPD und Grüne sind uneinig darüber, wie verpflichtend das Modell tatsächlich sein soll, und stehen intern unter Druck, die Wehrpflichtfrage klarer zu definieren.
Ein Blick nach Skandinavien
Ein Vorbild, das Wadephul immer wieder erwähnt, sind die skandinavischen Modelle: Länder wie Norwegen und Schweden haben die Wehrpflicht reformiert und eingeführt, dass alle jungen Erwachsenen gemustert werden. Nur diejenigen, die tauglich und bereit sind, leisten den Wehrdienst ab.
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Für Wadephul bietet dieses Modell eine Orientierung, die auch in Deutschland funktionieren könnte. Doch der Umbau wäre eine große Herausforderung. Die Bundeswehr müsste Kapazitäten für Musterung und Ausbildung erweitern, um Jahr für Jahr junge Menschen anzuwerben und zu trainieren.
„Das ist die Mühe wert“, betont Wadephul. „Ohne ein starkes Verteidigungssystem steht die Sicherheit unseres Landes auf dem Spiel.“
Kompromiss oder klare Linie?
Die Frage bleibt: Geht Deutschland den Weg zurück zur Wehrpflicht oder bleibt es bei einem freiwilligen Modell? Während Pistorius und die Ampel auf einen sanften Einstieg setzen, fordert die Union eine klare Entscheidung.
Die Wehrpflichtfrage ist mehr als nur eine sicherheitspolitische Debatte – sie zeigt, wie tief die Differenzen über die zukünftige Ausrichtung der Bundeswehr und die Sicherheit Deutschlands gehen.