Zollschock trifft Konjunkturschwäche
Donald Trumps Rückkehr zur Zollpolitik hat Deutschland zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt getroffen. Die Wirtschaft stagniert seit zwei Jahren, der Export verliert an Schwung, die Investitionen verharren auf Sparflamme.
Dass die nächste Bundesregierung nun ein Fiskalpaket von 1,2 Billionen Euro auflegt, wirkt zunächst wie ein Befreiungsschlag. Doch wie viel von dem Geld tatsächlich ankommt, wann es wirkt – und ob es reicht, das bleibt fraglich.
Ein Sondervermögen mit Sonderbremse
In der Theorie soll das Paket wirken wie ein Konjunktur-Defibrillator: massive Infrastrukturinvestitionen, Beschleunigung bei der Rüstung, Entlastung für Kommunen.
In der Praxis aber ist es nicht das erste Mal, dass Milliarden angekündigt, aber nur kleckerweise ausgegeben werden. Das Sondervermögen Bundeswehr lieferte ein warnendes Beispiel: Im ersten Jahr wurde kaum etwas abgerufen, weil Planungsprozesse stockten. Von fiskalischem Impuls keine Spur – außer in den Schlagzeilen.
Geld allein schafft keine Kapazitäten
Ein weiteres Problem: Die Unternehmen können das Geld nur nutzen, wenn sie auch liefern können. Und hier wird es eng. Der Fachkräftemangel bremst seit Jahren – vor allem in den Branchen, die vom Paket profitieren sollen: Tiefbau, Rüstung, Energie.
Allein der demografische Wandel reduziert die Zahl der Erwerbstätigen jährlich um 300.000. Der Auftragsboom trifft auf schrumpfende Kapazitäten. Wer baut, wenn die Leute fehlen?
Inflation statt Innovation?
Kritiker warnen vor einem fiskalischen Bumerang. Denn wo Kapazitäten fehlen, steigen die Preise. Anbieter, insbesondere im verteidigungsnahen Industriebereich, können ihre Margen ausweiten.
Die Aktien von Rheinmetall und Renk haben längst auf den erwarteten Geldsegen reagiert – mit Rekordkursen. Doch das bedeutet auch: Ein wachsender Teil der Staatsausgaben könnte schlicht in höhere Preise statt reale Leistung fließen.
Rüstungswirtschaft: Klein, aber profitabel
Ein weiterer Dämpfer: Der deutsche Rüstungssektor ist im Vergleich zu anderen Industrien klein – mit geschätzten 10 bis 20 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr.

Selbst wenn hier investiert wird, entstehen kaum gesamtwirtschaftliche Wachstumsimpulse. Es profitieren einzelne Konzerne, nicht die Breite der Wirtschaft. Das Fiskalpaket bleibt somit asymmetrisch: viel Geld, aber begrenzter Effekt.
Bürokratie als Wachstumsbremse
Dass der Fiskalschub in der Theorie größer wäre als Olaf Scholz’ Corona-Bazooka oder Kohls Aufbau-Ost-Fonds, mag stimmen. Doch was hilft das, wenn Förderprogramme in Formularschlachten ersticken?
Die KfW warnt: Viele Kommunen könnten „sofort loslegen“ – wenn sie denn dürften. Genehmigungen, Nachweise, Förderkriterien bremsen die Umsetzung. Infrastrukturgelder bleiben zu oft virtuell.
Industrie kann liefern – punktuell
Im verarbeitenden Gewerbe gibt es hingegen Kapazitätsspielraum. Die Produktion sank zuletzt um 1,3 Prozent, viele Betriebe kämpfen mit Auftragslücken. Beteiligungsgesellschaften wie Indus wittern Chancen:
„Ein Nachfrageplus von 30 Prozent macht mir keine Angst“, sagt CEO Johannes Schmidt.
Die Hoffnung: Automatisierung kann Fachkräftemangel teilweise kompensieren. Doch das gilt längst nicht für alle – schon gar nicht für den klassischen Bau.
Zölle als Brandbeschleuniger
Die Zölle der USA könnten Deutschland laut IW-Schätzung bis 2028 rund 1,5 Prozent an BIP kosten. Das wäre mehr als in der Corona-Rezession. Und weil Trumps Maßnahmen nicht punktuell sind, sondern strukturell – ein gezielter Angriff auf das deutsche Exportmodell –, braucht es auch mehr als ein kurzfristiges Konjunkturprogramm. Es braucht strategische Neuorientierung.
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