Moskaus jahrzehntelanges Prestigeprojekt zerbricht
Syrien war für Russland mehr als nur ein Verbündeter. Seit den 1970er-Jahren galt das Assad-Regime als treuer Partner der Sowjetunion und später Russlands.
Mit dem Bürgerkrieg 2011 bekam Moskau die Chance, verlorenen Einfluss im Nahen Osten zurückzugewinnen. Militärische Unterstützung und Milliardeninvestitionen in Infrastruktur stärkten Assads Position – bis jetzt.
Der plötzliche Sturz des Regimes trifft Moskau unvorbereitet. Baschar al-Assads Flucht nach Russland ist ein Symbol der Niederlage. Die neuen Machthaber in Damaskus lassen keinen Zweifel daran, dass Russlands Zukunft in Syrien ungewiss ist. Selbst die russische Presse spricht von einem „historischen Rückschlag“.
Strategische Stützpunkte in Gefahr
Der Hafen von Tartus und die Luftwaffenbasis Hmeimim waren zentrale Pfeiler russischer Machtprojektion. Über diese Basen liefen nicht nur Operationen im Nahen Osten, sondern auch in Afrika. Die Versorgung russischer Truppen in Libyen oder Mali hing maßgeblich an der syrischen Infrastruktur.
Doch die neuen syrischen Autoritäten könnten diese Kooperation beenden. Zu groß sind die Ressentiments gegenüber Moskau, das für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht wird. Für Russland würde das den Verlust eines strategischen Brückenkopfs bedeuten – und die militärischen Folgen wären enorm.
„Ohne Syrien wird es für Russland schwer, Operationen in Afrika und im Mittelmeerraum fortzuführen“, warnt das Institute for the Study of War. Alternativen wie Libyen oder der Sudan verfügen weder über die nötige Infrastruktur noch über stabile politische Verhältnisse.
Politischer Ansehensverlust
Neben den militärischen Folgen leidet auch Russlands Image. Der Kreml inszeniert sich gerne als zuverlässiger Partner, der zu seinen Verbündeten steht – anders als der Westen. Doch der Fall Assads zeigt das Gegenteil: Moskau zog sich zurück, ohne ernsthaft Widerstand zu leisten.
„Das ist keine Schwäche, das ist ein Desaster“, urteilt der ehemalige US-Botschafter Michael McFaul.
Für den Kreml ist dies doppelt bitter, da Russland bereits beim Konflikt um Bergkarabach durch mangelnde Unterstützung Armeniens an Glaubwürdigkeit verloren hatte.
Die Ukraine bleibt Russlands Fokus
Einige Analysten spekulieren, ob Russland die freigewordenen Kapazitäten aus Syrien in der Ukraine einsetzen könnte. Doch das scheint unwahrscheinlich. Die verbliebenen russischen Truppen in Syrien sind minimal, und der Abtransport von Kriegsgerät gestaltet sich schwierig.
Der Krieg gegen die Ukraine hat die russische Armee stark geschwächt. Der Verlust Syriens zeigt nun, dass Moskau nicht mehr in der Lage ist, an mehreren Fronten gleichzeitig zu agieren.
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