Ein Deal unter Druck
Es ist mehr als eine diplomatische Geste – es ist ein geopolitischer Tauschhandel. Die USA sichern sich Zugriff auf kritische Rohstoffe aus der Ukraine, darunter seltene Erden und strategische Metalle. Im Gegenzug bleibt die militärische Unterstützung bestehen – zumindest vorerst.
Die am Donnerstagabend unterzeichnete Absichtserklärung zwischen US-Präsident Donald Trump und der ukrainischen Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko wirkt auf den ersten Blick wie ein Signal wirtschaftlicher Partnerschaft.
Tatsächlich aber offenbart sie eine neue Dynamik in den amerikanisch-ukrainischen Beziehungen: Trump denkt in Deals – nicht in Allianzen.
Schon im Februar war ein erstes Rahmenabkommen geplatzt. Damals gerieten Selenskyj, Trump und dessen nationalistischem Vizepräsidenten J. D. Vance öffentlich aneinander.
Jetzt also der zweite Anlauf. Die Tonlage ist kühler, die Bedingungen schärfer. Für Trump ist das geplante Abkommen vor allem eines: ein wirtschaftlicher Gegenwert für Milliarden an US-Militärhilfe. Eine Investition in geostrategischen Einfluss – mit Renditeerwartung.
Einseitige Abhängigkeit als Hebel
Die Absichtserklärung sieht vor, dass die USA Zugang zu ukrainischen Vorkommen an Seltenerdmetallen, Lithium, Titan und weiteren strategischen Rohstoffen erhalten sollen.
Details wurden nicht veröffentlicht – doch in Kiew spricht man bereits von einem „Investitionsprojekt zur Sicherung unserer Souveränität“. In Washington klingt es anders: Trump will klare Gegenleistungen – und schnelle Fortschritte bei einem Friedensabkommen mit Russland.

„Heute wurde ein Schritt in Richtung einer neuen Partnerschaft gemacht“, sagte Swyrydenko. In Kiew sieht man das Abkommen als Hoffnungsschimmer – in Wahrheit ist es ein Beleg wachsender Abhängigkeit. Denn wer die Rohstoffe kontrolliert, kontrolliert die Zukunft.
Und Trump, der sich im Wahlkampf erneut als Dealmaker inszeniert, weiß genau, was er tut: Er verknüpft ökonomische Interessen mit geopolitischer Agenda. Das nennt er „America First“ – für Kiew wird es zum Drahtseilakt.
Ein Pakt mit offenem Preisetikett
Die wirtschaftliche Lage der Ukraine ist dramatisch. Die Infrastruktur liegt am Boden, das Haushaltsdefizit ist hoch, ausländisches Kapital fließt kaum noch – außer aus Washington. Doch die Zeiten bedingungsloser Hilfe sind vorbei. Trump stellt Bedingungen. Und diese reichen weit über Rohstoffe hinaus.
Schon jetzt macht Washington klar, dass es Ergebnisse erwartet: Eine Entspannung im Krieg, ein wirtschaftliches Öffnungssignal, mehr Sicherheit für Investoren. Auf gut Deutsch: Die Ukraine soll sich als verlässlicher Rohstofflieferant und als pragmatischer Verhandlungspartner präsentieren – selbst wenn es geopolitisch weh tut.
Kein Frieden in Sicht – aber Ressourcen im Fokus
Während die Waffen weiter sprechen – zuletzt in Charkiw, Dnipro und Sumy – reden Politiker in Paris über Friedenspläne. Die USA, Frankreich, Deutschland und die Ukraine sitzen gemeinsam am Tisch.
Doch die Differenzen sind offensichtlich. Trump schickt seinen Sondergesandten Steve Witkoff, der kurz zuvor noch in St. Petersburg mit Putin verhandelt hat – und laut Selenskyj „russische Positionen“ in Paris vertritt.
Die ukrainische Delegation wiederum betont, dass sie nur über Waffenruhe spreche – nicht über Gebietsverzicht. Doch die Richtung scheint vorgegeben: Trump will einen schnellen Deal. Und je länger die Kämpfe andauern, desto schärfer wird der Ton aus Washington. Frieden als Voraussetzung für Wirtschaftshilfe – es ist ein Muster, das sich durchzieht.
Europa bleibt Zaungast mit Bedenken
Während die USA verhandeln und Bedingungen stellen, bleibt Europa im Wartemodus. Deutschland, Frankreich und Großbritannien setzen weiter auf militärische Unterstützung – auch als Voraussetzung für Friedensverhandlungen auf Augenhöhe. Die Taurus-Debatte zeigt jedoch, wie sehr Berlin zwischen den Fronten steht.
Ein möglicher Kanzler Merz signalisiert Bereitschaft zur Lieferung der Marschflugkörper. Moskau kontert mit unverhohlener Drohung: Wer Taurus liefert, wird zur Kriegspartei.
Die Bundesregierung bleibt uneins – und damit paralysiert. Und während Europa zögert, baut Trump seine Narrative: Hilfe gegen Gegenleistung, Frieden gegen Zugriff. Die Ukraine wird zur geopolitischen Handelsware.
Ein neues Rohstoffimperium entsteht – unter Auflagen
Mit dem Abkommen rücken die ukrainischen Bodenschätze ins Zentrum globaler Machtpolitik. Wer heute investiert, sichert sich morgen den Zugriff auf kritische Ressourcen – in einem künftigen Wiederaufbaumarkt. Die USA positionieren sich früh – und deutlich. Trump will nicht nur helfen, er will gestalten. Und mitgestalten heißt kontrollieren.
Die Ukraine wiederum steht vor einem Dilemma: Zwischen wirtschaftlichem Wiederaufbau und politischem Selbstbewusstsein. Das Abkommen mit den USA ist kein klassisches Freihandelsabkommen – es ist ein Deal unter Druck. Und es ist offen, wer am Ende mehr gewinnt: die Ukraine als Partner – oder die USA als Profiteur.
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