Volkswagen zieht die Sparschrauben an – und das in einer Form, die viele überrascht. Im Zuge der aktuellen Tarifverhandlungen hat der Autobauer angekündigt, bei Bonuszahlungen für langjährige Beschäftigte den Rotstift anzusetzen.
Konkret sollen Jubiläumsprämien, die bisher für 25 und 35 Jahre Betriebszugehörigkeit gezahlt wurden, gestrichen werden. Eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte bereits: „Wir haben diesen Vorschlag gemacht.“
Die Pläne treffen auf ein angespannte Belegschaft, die den Ernst der Lage erkennt – immerhin stehen Tausende Mitarbeitende kurz davor, von diesen Prämien zu profitieren.
Über 10.000 Betroffene und ein gebrochener Deal
Nach Informationen des Betriebsrats sind etwa 6.000 Mitarbeiter direkt betroffen: Knapp 2.000 Mitarbeitende haben aktuell 24 Jahre bei VW hinter sich, rund 4.000 blicken auf 34 Jahre zurück.
Dazu kommen tausende weitere, die sich auf dem Weg zu einem solchen Jubiläum befinden. Es handelt sich um Summen, die für viele Beschäftigte von Bedeutung sind – denn bislang belohnte VW die Treue zu seinem Unternehmen großzügig: Das 1,45-fache des Monatsgehalts für 25 Jahre und das 2,90-fache für 35 Jahre Betriebszugehörigkeit.
Diese finanzielle Anerkennung für langjährige Arbeit ist nicht nur ein Symbol, sondern auch ein Grundpfeiler der bisherigen Tarifverträge. Wenn der Vorstand diese Zahlungen nun kippt, stellt sich die Frage, ob sich VW von bisherigen Vereinbarungen zugunsten eines strengen Sparkurses verabschiedet.
Spardruck und drohende Kündigungen
Diese Prämien-Streichung ist jedoch nur ein Puzzlestück in einer größeren Sparstrategie des Unternehmens. Im September hatte Volkswagen bereits die seit über 30 Jahren bestehende Beschäftigungssicherung aufgekündigt, was betriebsbedingte Kündigungen ab Mitte nächsten Jahres erstmals wieder möglich machen könnte.
Auch Werksschließungen sind nicht ausgeschlossen – konkrete Angaben dazu, welche Standorte betroffen wären, bleiben bisher allerdings aus.
Der Grund für diesen Kurs? Das Management sieht die Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr. Bei den Tarifverhandlungen plant der Vorstand nicht nur den Wegfall von Bonuszahlungen, sondern auch eine mögliche Kürzung der Tariflöhne um satte zehn Prozent.
Aus Sicht des Vorstands könnte dies helfen, die Kosten in den Griff zu bekommen und den Konzern zukunftsfähig aufzustellen. Kritiker fragen sich jedoch, ob dies nicht zu einer Verunsicherung und Demotivation in der Belegschaft führen könnte – ein Risiko, das VW offenbar in Kauf nimmt.
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Werksschließungen: VW sendet Warnsignale
Volkswagen betreibt in Deutschland zehn Werke und beschäftigt allein hier etwa 120.000 Menschen. Das Werk in Wolfsburg, in dem die Hälfte dieser Beschäftigten arbeitet, und die übrigen Standorte in Niedersachsen, Sachsen und Nordhessen spielen eine zentrale Rolle für den Autobauer.
Sollte VW tatsächlich Werke schließen, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigungssicherheit und die lokale Wirtschaft in den betroffenen Regionen.
Ob diese Maßnahmen tatsächlich zur langfristigen Stabilisierung des Unternehmens beitragen, bleibt fraglich. Die Frage, ob sich durch Kürzungen und Prämienstreichungen die angestrebten Ziele erreichen lassen, steht im Raum.
Fest steht jedoch: Volkswagen sendet ein klares Signal an die Belegschaft und die Öffentlichkeit, dass der Spardruck inzwischen so groß ist, dass er vor langjährigen Verträgen und jahrzehntelanger Beschäftigungssicherung nicht haltmacht.