16. April, 2025

Startups & VC

Warum Klarna jetzt das Momentum zu verlieren droht

Der jüngste Börsenschock nach Trumps Zollansage trifft vor allem die großen US-Techkonzerne. Doch für das schwedische Fintech Klarna hat die neue Unsicherheit eine besonders heikle Folge: Der geplante IPO wackelt – und damit die Zukunftsstrategie.

Warum Klarna jetzt das Momentum zu verlieren droht
Klarna stoppt den Börsengang: Das schwedische Fintech wollte 2025 mit frischem Glanz an die Börse – die neuen US-Zölle und das Marktbeben haben das Vorhaben vorerst ausgebremst.

IPO auf Eis – und das ausgerechnet jetzt

Der Zeitpunkt hätte kaum schlechter sein können. Während der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna sich in den vergangenen Monaten operativ stabilisiert hatte und mit prominenten Partnerschaften, etwa mit Airbnb und H&M, Schlagzeilen machte, wurde der geplante Börsengang nun abrupt gestoppt.

Hintergrund: die harsche Reaktion der Börsen auf die neuen US-Zölle, die Präsident Donald Trump angekündigt hat.

Der IPO war nicht nur als Exit für Investoren gedacht – sondern auch als starkes Signal: Klarna sei wieder da, wettbewerbsfähig, profitabel, bereit für den Kapitalmarkt. Jetzt ist dieser Moment vorerst verflogen.

Investor und Branchenbeobachter Philipp Klöckner sieht in dem abgebrochenen IPO-Versuch ein größeres Risiko. Im Podcast von Finance Forward warnte er, Klarna könne „an Momentum verlieren“, wie zuvor etwa Shein.

Auch dort habe ein günstiger Börsenzeitpunkt verpasst werden können – mit spürbaren Folgen für die Bewertung und Wahrnehmung am Markt.

Dabei hatte sich Klarna zuletzt finanziell deutlich verbessert. Das Unternehmen meldete für 2024 erstmals seit Jahren wieder ein positives Betriebsergebnis, reduzierte gleichzeitig die operativen Verluste deutlich und fuhr in mehreren Regionen Wachstum ein. Der Börsengang sollte dieses Comeback krönen. Nun droht eine Verzögerung – mit unklarer Perspektive.

Techwerte im freien Fall – aber nicht alle gleich stark betroffen

Der jüngste Börseneinbruch trifft vor allem Unternehmen mit hohem Bewertungsniveau. Die großen Techkonzerne verloren innerhalb weniger Tage teils zweistellig an Börsenwert: Meta, Nvidia, Alphabet und Amazon rutschten ab, auch Tesla musste Verluste hinnehmen.

Tech-Werte im Sturzflug: Nach Trumps Zollankündigung verlor allein die Aktie von Nvidia binnen zwei Tagen über zehn Prozent – Amazon, Meta und Tesla rutschten ebenfalls deutlich ab.

Klöckner sieht hier weniger strukturelle Schwächen, sondern vielmehr das Resultat überhöhter Multiples: „Tech hatte mehr Korrekturpotenzial“, so seine Einschätzung.

Anders sieht es bei Apple und Tesla aus – beide sind in besonderem Maße von der neuen Zollpolitik betroffen. Bei Apple ist die gesamte Lieferkette stark Asien-lastig, Vorprodukte kommen in großen Teilen aus China. Trump hat bereits angedeutet, genau hier ansetzen zu wollen. Tesla wiederum produziert in China für den Export – und könnte bei neuen Zöllen deutlich an Marge verlieren.

Werbung, Konsum, Unsicherheit: Das Geschäftsmodell wackelt

Die großen Plattformkonzerne wie Alphabet (Google), Meta (Facebook/Instagram) und Amazon trifft die politische Unsicherheit auf mehreren Ebenen. Ihre Werbeeinnahmen sind konjunkturabhängig – und genau dort droht nun ein Abschwung.

Sollte sich das Konsumklima durch Handelsbarrieren und wirtschaftspolitische Unsicherheit eintrüben, würden sich auch die Werbebudgets in Luft auflösen. Klöckner sieht daher vor allem für die großen Mediakonzerne ein mittelfristiges Risiko, da sie „stark vom Werbemarkt abhängen“.

Amazon steht zusätzlich unter Druck, weil die US-Regierung die sogenannte De-Minimis-Regel überarbeiten will. Bisher konnten günstige Importe aus China zollfrei eingeführt werden – insbesondere für Amazon ein wichtiger Kostenvorteil. Fällt dieser weg, wird das Geschäftsmodell spürbar teurer.

Strategische Ausnahmen für KI-Ausrüster erwartet

Ein Sonderfall ist laut Klöckner Nvidia. Der Chip-Hersteller profitiert von der KI-Welle, beliefert weltweit Rechenzentren und gilt als unverzichtbar für den Aufbau digitaler Infrastruktur. Hier werde es mit hoher Wahrscheinlichkeit Sonderregelungen geben, meint der Investor.

Die US-Regierung wolle sich in strategisch sensiblen Bereichen „nicht ins eigene Fleisch schneiden“. Auch bei anderen Zulieferern für KI-Infrastruktur seien Lockerungen der Zölle denkbar – etwa für Hochleistungsgrafik, Rechenzentren oder spezialisierte Softwareanbieter.

Klarna in der Warteschleife – doch der Markt wartet nicht

Für Klarna ist die Lage besonders prekär. Die Entscheidung, den IPO zu verschieben, war rational – die Märkte sind derzeit zu nervös. Doch jeder verlorene Monat ohne Börsengang ist auch ein Monat, in dem Wettbewerber Kapital aufnehmen, Investoren abspringen oder Bewertungen erodieren. Das gilt umso mehr in einem Markt, der sich schnell dreht und in dem Momentum ein entscheidender Faktor ist – nicht nur operativ, sondern auch kommunikativ.

Und genau darin liegt das Risiko. Der nächste günstige Börsenzeitpunkt ist ungewiss. Das Vertrauen der Kapitalmärkte ist volatil, politische Risiken sind schwer kalkulierbar. Für Klarna bedeutet das: Die Hausaufgaben sind gemacht – aber der Lehrer ist nicht erschienen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Adidas-DNA für Puma – doch reicht das für die Wende?
Der Sportartikelhersteller tauscht überraschend seinen CEO aus und setzt auf ein bekanntes Gesicht aus der Nachbarschaft. Was hinter dem Wechsel steckt – und welche Risiken er birgt.