24. November, 2024

Energy

Fernwärme: Der grüne Hoffnungsträger entpuppt sich als Klimasünder

Trotz sinkendem Energieverbrauch in Mehrfamilienhäusern stagniert der CO₂-Ausstoß. Fernwärme, einst als Schlüsseltechnologie gefeiert, droht zum Klimakiller zu werden. Warum die Klimaziele bis 2030 immer unrealistischer erscheinen.

Fernwärme: Der grüne Hoffnungsträger entpuppt sich als Klimasünder
Fernwärme gilt als nachhaltige Alternative, doch 80 % der Wärme stammt weiterhin aus fossilen Quellen – mit einem CO₂-Ausstoß vergleichbar zu Heizöl.

Die Deutschen sparen Energie wie nie zuvor. In Mehrfamilienhäusern ist der Energieverbrauch im Vergleich zum Vorjahr um neun Prozent gesunken. Doch wer sich erhofft, dass dies eine positive Auswirkung auf die Klimabilanz hätte, irrt gewaltig. Fernwärme, die als große Lösung für nachhaltiges Heizen angepriesen wurde, ist weit weniger klimafreundlich als angenommen – und droht, den erhofften Fortschritt auszubremsen.

„Seit 2011 haben wir keinen so niedrigen Energieverbrauch gesehen“, bestätigt Joachim Klein von Techem.

Doch die Euphorie endet hier. Obwohl die Bewohner weniger Energie verbrauchen, hat sich der CO₂-Ausstoß kaum verringert. Mehr noch, der große Hoffnungsträger Fernwärme trägt wesentlich zur schlechten Klimabilanz bei.

Trotz sinkendem Energieverbrauch bleibt der CO₂-Ausstoß in deutschen Mehrfamilienhäusern unverändert – ein Großteil der Heizenergie stammt aus Erdgas und Kohlekraft.

Fernwärme: Fossil statt grün

Mit Fernwärme verbindet man oft eine nachhaltige Alternative zu Gas- oder Ölheizungen. Die Realität sieht jedoch anders aus. Rund 80 Prozent der in Deutschland genutzten Fernwärme stammt aus fossilen Brennstoffen – 17 Prozent davon sogar aus Kohle.

Damit liegt der Emissionsfaktor von Fernwärme auf einem ähnlichen Niveau wie das von Heizöl.

Joachim Klein betont: „Wer glaubt, Fernwärme sei klimafreundlich, sollte genau hinsehen.“

Mit einem Emissionswert von 307 Gramm CO₂ pro Kilowattstunde (kWh) unterscheidet sich Fernwärme kaum von Heizöl (303 g/kWh). Die erhoffte Entlastung für die Klimabilanz bleibt somit aus.

Im Gegenteil: Solange die Fernwärmenetze nicht dekarbonisiert werden, könnte der Ausstieg aus Öl und Gas langfristig kaum etwas an der Gesamtsituation ändern.

Während Fernwärme die Klimaziele verfehlt, steigen die Energiekosten weiter. Deutsche Haushalte zahlen im Schnitt 11,98 Cent pro Kilowattstunde Gas – einer der höchsten Werte in Europa.

Warum das Heizungsgesetz ins Stocken gerät

Die Bundesregierung hat viel auf Fernwärme gesetzt und dafür sogar das umstrittene Heizungsgesetz um zwei Jahre hinausgezögert. Kommunen sollen Zeit bekommen, um ihre Wärmeplanung anzupassen. Doch in der Praxis stellt sich die Frage: Wie soll das funktionieren, wenn die Versorgungswerke weiterhin auf fossile Energien setzen?

Statt von Jahr zu Jahr bessere Ergebnisse zu erzielen, bleibt die CO₂-Bilanz fast unverändert. Techem schätzt, dass die durchschnittliche Wohnung 2023 für einen CO₂-Ausstoß von 1,92 Tonnen verantwortlich ist – fast genauso viel wie im Vorjahr. Allein die Raumheizung macht 1,55 Tonnen aus.

Das ursprüngliche Ziel, den CO₂-Ausstoß auf 1,3 Tonnen pro Wohnung bis 2030 zu senken, scheint in weite Ferne zu rücken. Ohne eine umfassende Umstellung auf erneuerbare Energien wird es immer unwahrscheinlicher, dass Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.


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Gas: Ein weiteres Problem für die Klimabilanz

Neben der problematischen Fernwärme hat auch Erdgas an Nachhaltigkeit verloren. Seit Russland seine Gaslieferungen nach Europa gedrosselt hat, musste Deutschland auf Flüssiggas zurückgreifen. Flüssiggas wird über weite Strecken per Schiff transportiert, was die CO₂-Bilanz zusätzlich verschlechtert.

„Flüssiggas ist deutlich weniger klimafreundlich als das Gas, das früher über Pipelines geliefert wurde“, erklärt Klein.

Ein weiteres Hindernis für den Klimaschutz: Strom spielt im Bereich Heizung eine untergeordnete Rolle. Obwohl Wärmepumpen in Einfamilienhäusern stark gefördert werden, sind sie in Mehrfamilienhäusern kaum vertreten. Auch in den kommenden Jahren ist laut Techem nicht mit einem Durchbruch der Technologie in diesem Bereich zu rechnen.

Effizienz im Osten Deutschlands – ein Lichtblick

Interessanterweise zeigt die Analyse von Techem, dass der Energieverbrauch im Osten Deutschlands besonders niedrig ist. Die umfassenden Sanierungen nach der Wiedervereinigung tragen Früchte: In den ostdeutschen Bundesländern sind viele Gebäude energieeffizienter als im Westen. Dies ist eine der wenigen positiven Entwicklungen in der aktuellen Klimabilanz.

Doch auch hier bleibt das Problem bestehen: Selbst bei einem niedrigen Energieverbrauch pro Haushalt gibt es kaum Fortschritte beim CO₂-Ausstoß.

„Die Strukturen sind vorhanden, aber es fehlt an der richtigen Energiequelle“, so Klein. Ohne den Umstieg auf erneuerbare Energien bleiben diese Effizienzvorteile größtenteils ungenutzt.


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Energiekosten – ein weiteres Problem

Während die Klimabilanz stagniert, steigen die Energiekosten weiter. Laut einer Umfrage von Tado glauben 82 Prozent der Deutschen nicht daran, dass die Preise in den nächsten drei Jahren sinken werden.

Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist dringend nötig, aber die Umsetzung bleibt schleppend. Haushalte zahlen europaweit mit am meisten für Strom und Gas – im Schnitt 11,98 Cent je Kilowattstunde Gas und 39,51 Cent für Strom. Das belastet die Haushalte erheblich, vor allem in Zeiten hoher Inflation.

Klimabilanz in Gefahr

Die Zahlen sind ernüchternd: Obwohl die Deutschen Energie sparen, bleibt die Klimabilanz nahezu unverändert. Der große Hoffnungsträger Fernwärme entpuppt sich als Klimakiller, solange fossile Brennstoffe weiterhin die Hauptquelle der Energie sind.

Ohne eine radikale Umstellung auf erneuerbare Energien und effizientere Heiztechnologien wird es Deutschland schwer haben, die Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Die Frage bleibt: Wie lange kann sich das Land diese Verzögerung leisten?