27. Dezember, 2024

Politik

Wie Steuer-, Renten- und Energiefragen die Koalition auseinanderreißen

Steuern senken, die Rente retten, Strompreise stabilisieren – bei den Kernfragen der Ampel-Koalition brennt die Luft. Ein letzter Blick auf die Gräben, die nicht mehr überbrückt werden können.

Wie Steuer-, Renten- und Energiefragen die Koalition auseinanderreißen
Die SPD will das Rentenniveau stabilisieren, koste es, was es wolle. Experten warnen vor hohen Sozialabgaben, während die FDP mit Rentenalteranpassungen und höheren Beiträgen für Frühverrentung gegensteuert

Es ist ein Moment, der nur eins verspricht: Showdown in der Ampel. Während SPD, Grüne und FDP zu einem Krisentreffen zusammenkommen, sind die Fronten verhärtet.

Man könnte sagen, die Differenzen bei Steuern, Rente und Energiepolitik seien Teil eines normalen politischen Prozesses – wenn nicht längst jede Seite an ihrer eigenen Erzählung kleben würde.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki brachte es auf den Punkt:

„Es ist ziemlich albern, an einer Koalition festhalten zu wollen, bei der grundlegende Entscheidungen nicht mehr gemeinsam getroffen werden können.“

Ob es der entscheidende Abend für die Ampel ist, wird sich zeigen. Doch klar ist: Die Themen, an denen diese Koalition scheitern könnte, sind keine Randnotizen. Hier geht es um das große Ganze – um die Steuerpolitik, die Stabilität der Rente und die Zukunft der Energiepreise.

Steuern: Lindners Vision für den Standort Deutschland

Christian Lindner will Unternehmen entlasten und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit stärken. Steuererleichterungen für die Wirtschaft sind für ihn das A und O – Körperschaftsteuer runter, Soli weg.

Der FDP-Finanzminister sieht darin das Rezept für mehr Investitionen in Deutschland. „Wir brauchen eine Wirtschaftswende“, lautet sein Mantra, während er von der SPD und den Grünen mehr Visionen für die Wirtschaft fordert.

Die Sozialdemokraten aber gehen auf Konfrontation. Steuersenkungen für Unternehmen? Fehlanzeige. Für die SPD zählt, dass das Geld dort ankommt, wo es dem Gemeinwohl dient. Sie fordern stattdessen Superabschreibungen für Firmen, die in „gute Arbeitsplätze“ und „Zukunftsbranchen“ investieren.

Wirtschaftsminister Robert Habeck will zehn Milliarden Euro, die für eine Intel-Chipfabrik geplant waren, im Kernhaushalt verwenden. Die FDP sieht darin ein riskantes Haushaltslochstopfen auf Kosten von Wirtschaftsinvestitionen.

Auch die Grünen teilen diese Ansicht – denn eine pauschale Unternehmenssteuersenkung sei zu ungezielt. „Es profitieren alle, auch jene, die gar nicht investieren“, sagen sie.

Rente: Die Zukunft der Altersvorsorge – und die Kosten

Das Rentenpaket II der SPD ist ein Versprechen an die Wähler: das aktuelle Rentenniveau stabil halten – auch wenn das in den kommenden Jahren teuer wird. SPD und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil halten an der „sozialen Stabilität“ fest.

Doch der Bundesrechnungshof warnte kürzlich: Um das Rentenniveau langfristig zu sichern, drohen bis 2045 Zusatzkosten von über 500 Milliarden Euro. Eine Mammutlast, die durch steigende Sozialabgaben und höhere Steuerzuschüsse finanziert werden müsste.

Hier beginnt der Widerspruch der FDP. Lindner will, dass das Rentensystem realistischer und bezahlbar bleibt. Seine Vorschläge? Das Rentenalter schrittweise an die steigende Lebenserwartung koppeln und Abschläge für einen früheren Renteneintritt erhöhen.

„Es kann nicht unser Ziel sein, die Jüngeren mit immer höheren Sozialabgaben zu belasten“, stellt er klar.

Die Grünen bleiben in der Rente zurückhaltend. Ihre Idee: Ältere Menschen durch Anreize länger im Arbeitsleben halten – etwa durch Rentenaufschubprämien. Doch wie weit dieser Plan angesichts der Kosten trägt, bleibt offen.

Energiepreise: Mit Subventionen oder dem Markt stabilisieren?

Ein weiteres Pulverfass: die Strompreise. Hier gehen die Vorstellungen ebenfalls auseinander. SPD und Grüne sprechen sich dafür aus, die Energiekosten für Industrie und Haushalte zu senken.


Lesen Sie auch:

Politisches Rendezvous hinter verschlossenen Türen? Kretschmer trifft AfD-Chef Urban
Nach einem klaren „Nein“ zur AfD steht Sachsens Ministerpräsident Kretschmer plötzlich in einem vertraulichen Gespräch mit AfD-Landeschef Urban. Ein Treffen, das Fragen aufwirft.

Die Sozialdemokraten fordern eine Reduktion der Netzentgelte und schlagen Steuersenkungen für energieintensive Branchen vor. Die Grünen planen, Milliarden aus dem Klima- und Transformationsfonds in die Senkung der Stromkosten zu investieren und die Mehrwertsteuer auf Strom zu reduzieren.

Lindner stellt sich quer: Die Kosten für erneuerbare Energien subventionieren – das hält der FDP-Chef für den falschen Weg. Stattdessen soll die Förderung für Wind und Solar zurückgefahren und der Netzausbau effizienter werden. „Der Vorrang für teure Erdkabel ist ein Kostentreiber“, lautet seine Analyse. Überlandleitungen wären günstiger und könnten den Strompreis stabilisieren.

Die Lage: Was bleibt von der Ampel?

In den Kernfragen der Steuer-, Renten- und Energiepolitik zeigt sich eine Koalition, die zunehmend in ihre Einzelteile zerfällt. SPD, Grüne und FDP gehen kaum noch Kompromisse ein, jede Partei pocht auf ihre Agenda. Am Abend könnte sich entscheiden, ob die Ampel einen letzten Versuch unternimmt, die Brücke zu bauen. Doch der Boden, auf dem sie steht, ist brüchig.