Arbeitsminister Hubertus Heil plant Großes: Der Mindestlohn soll auf 15 Euro steigen. Ein kräftiger Schritt nach vorne für Millionen Beschäftigte, deren Einkommen damit um 21 Prozent steigen würde.
Doch während viele sich auf einen ordentlichen Gehaltssprung freuen, zeichnen Berechnungen ein weniger rosiges Bild. Am Ende könnte nicht der Arbeitnehmer, sondern der Staat der wahre Nutznießer der Erhöhung sein.
Mehr Lohn, aber wenig Gewinn
Heinz-Peter Brinkmann, Betreiber eines Ferienhausdorfs im Harz, hat die Sache durchgerechnet – und ist entsetzt. Seine Mitarbeiter, die größtenteils nahe am Mindestlohn verdienen, hätten zwar am Ende des Monats mehr auf dem Papier, aber nicht so viel mehr, wie man denkt. Denn ein Großteil der Lohnerhöhung verschwindet durch höhere Steuern und Sozialabgaben.
„Von einer Lohnerhöhung bleibt den Beschäftigten vielleicht die Hälfte“, sagt Brinkmann.
Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter, der derzeit 2132 Euro brutto verdient, hätte bei 15 Euro Mindestlohn künftig 2550 Euro. Doch von den zusätzlichen 418 Euro kämen nur rund 230 Euro tatsächlich im Portemonnaie an. „Der Rest geht direkt an den Staat“, erklärt Brinkmann und schüttelt den Kopf. „Das ist doch Augenwischerei.“
Unternehmer in der Zwickmühle
Für Unternehmen wie Brinkmann bedeutet die Erhöhung zusätzliche Kosten. Löhne steigen, die Abgabenlast wird höher und auch die Preise für Waren und Dienstleistungen ziehen an. Viele Unternehmen, besonders in der Gastronomie und Hotellerie, kämpfen ohnehin mit knappen Margen.
„Wir haben dann zwei Möglichkeiten: Die Preise erhöhen oder Personal abbauen. Beides ist keine gute Option“, warnt er.
Dabei ist das Problem keineswegs neu. Schon bei der letzten Anhebung des Mindestlohns im Oktober 2022 zeigte sich ein ähnliches Bild. Die Mitarbeiter hatten zwar mehr Geld in der Tasche, aber nicht so viel, wie versprochen wurde. „Am Ende zahlen die Unternehmen drauf und die Beschäftigten haben den Ärger mit den steigenden Lebenshaltungskosten“, sagt Brinkmann.
Die Politik in der Sackgasse
Doch die Diskussion um den Mindestlohn ist nicht einfach nur ein Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Sie hat eine größere Dimension. Heil möchte mit der Anhebung „mehr Gerechtigkeit“ schaffen, doch es stellt sich die Frage: Für wen? Die FDP sieht die Sache anders.
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Ihr Sprecher Carl-Julius Cronenberg fordert, dass die Entscheidung über den Mindestlohn bei der unabhängigen Kommission bleibt und nicht durch politische Eingriffe verzerrt wird.
Auch auf europäischer Ebene könnte die Debatte bald neue Wendungen nehmen. Eine Klage aus Dänemark vor dem Europäischen Gerichtshof könnte die Pläne von Hubertus Heil ins Wanken bringen. Sollte die EU nicht befugt sein, in nationale Mindestlöhne einzugreifen, wäre das zentrale Argument von Heil hinfällig.
Wer zahlt den Preis?
Die große Frage bleibt: Wer zahlt am Ende die Rechnung? Die Antwort scheint klar: Die Unternehmen und die Beschäftigten gleichermaßen. Während Letztere nur einen Bruchteil der Lohnerhöhung sehen, müssen erstere die Mehrkosten tragen – und diese an die Kunden weitergeben. Eine Abwärtsspirale, die niemand wirklich will.
„Es geht nicht darum, dass wir unseren Mitarbeitern nicht mehr zahlen wollen“, betont Brinkmann. „Aber wenn die Erhöhung hauptsächlich in die Staatskasse fließt, dann ist das System falsch.“