Deutschland rüstet sich für den Ernstfall. Nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich. Im Kriegsfall soll das Land als logistisches Zentrum der NATO dienen – mit einer gewaltigen Aufgabe: Hunderttausende Soldaten, Waffen und Ausrüstung schnell Richtung Osten bewegen.
ie Bundeswehr kann das nicht allein stemmen. Sie braucht die Wirtschaft. Airlines, Bahnunternehmen, Speditionen, Energieversorger – sie alle müssen mitziehen. Doch wie sieht das konkret aus? Und was bedeutet das für die Unternehmen?
Logistische Drehscheibe Europas
Die Bundeswehr hat ein Problem: Ihre Logistik wurde über Jahre zusammengestrichen. Truppen- und Materialtransporte sind kaum eigenständig zu bewältigen.
Im Ernstfall muss Deutschland bis zu 800.000 NATO-Soldaten an die Ostflanke bringen – samt Versorgung, Rücktransport und Verwundetentransport. Ohne private Unternehmen geht das nicht. Die Lufthansa könnte Piloten ausbilden, die Deutsche Bahn hat bereits Transportverträge mit der Bundeswehr geschlossen.
Cyberangriffe als reale Bedrohung
Der Cyberangriff auf den Energieversorger Entega 2022 war ein Weckruf. Hacker der russischen Gruppe „Black Cat“ legten die IT lahm, klauten Kundendaten, blockierten digitale Steuerungssysteme.
„Wir mussten Fenster und Türen einwerfen, um an unsere Server zu kommen“, erinnert sich Entega-Chefin Marie-Luise Wolff.
Drei Wochen dauerte es, bis die ersten Bundesbehörden reagierten. Das soll sich ändern.

Wirtschaft in der Pflicht
Um die Infrastruktur abzusichern, sollen Unternehmen künftig besser in die Verteidigungsplanung eingebunden werden. Die Bundeswehr will eine engere Zusammenarbeit mit Energieversorgern, Logistikunternehmen und Industriepartnern.
Erste Maßnahmen sind bereits erkennbar: Die Stromanbieter Westenergie und Rheinenergie fordern strategische Reserven. Auch eine gesetzliche Treibstoffreserve für Unternehmen der kritischen Infrastruktur wird diskutiert.
Reservisten als Schlüsselrolle
Ein entscheidendes Element des „Operationsplan Deutschland“: Mitarbeiter aus der Wirtschaft, die gleichzeitig Reservisten sind, sollen im Ernstfall für den Staat freigestellt werden. Damit könnte Personal aus Energieunternehmen oder Krankenhäusern gezielt für militärische und zivile Einsätze genutzt werden.
Doch das wirft Fragen auf: Wie tief darf der Staat in Unternehmensstrukturen eingreifen? Wer trägt die Kosten? Und was passiert, wenn Unternehmen nicht mitziehen?
Neues Sicherheitsdenken
Deutschland steht vor einem Paradigmenwechsel. Verteidigung ist nicht mehr nur eine Aufgabe des Militärs – die gesamte Wirtschaft wird mit einbezogen. Lagerhaltung statt Just-in-Time-Produktion, strategische Vorräte statt Minimalbestände. Die Industrie muss sich anpassen.
Doch es bleiben offene Fragen: Wer zahlt für die neuen Verpflichtungen? Gibt es staatliche Zuschüsse? Oder müssen Unternehmen die Kosten selbst tragen?
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