Das deutsche Handwerk steht unter Druck. Rund 113.000 Fachkräfte fehlen aktuell in der Branche, und es wird nicht besser. Besonders gravierend ist die Situation in der Bauelektrik und Kfz-Technik.
Laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gibt es bundesweit Tausende offene Stellen, die nicht besetzt werden können – und das hat Folgen für Wirtschaft und Verbraucher.
„Die Lücke wird von Jahr zu Jahr größer“, sagt Lydia Malin, Autorin der Studie. Der Bedarf an Handwerkern wächst schneller, als Nachwuchs ausgebildet wird. Während sich die Zahl der Auszubildenden in den handwerklichen Berufen nur langsam erhöht, explodiert die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften.
Bauelektrik und Kfz-Technik: Wo es besonders klemmt
In den Bereichen Bauelektrik und Kfz-Technik ist die Lage besonders angespannt. Allein in der Bauelektrik fehlen derzeit 18.300 Fachkräfte. In der Kfz-Technik sind es 16.300 offene Stellen, die mangels qualifizierter Bewerber nicht besetzt werden können. Das bedeutet Verzögerungen auf Baustellen, längere Wartezeiten für Reparaturen und steigenden Druck auf die vorhandenen Fachkräfte.
Die Zahlen zeigen klar: Der Nachwuchs fehlt, und das Handwerk stößt an seine Grenzen. Während viele Unternehmen nach neuen Fachkräften suchen, finden sich schlichtweg nicht genug qualifizierte Bewerber. Ein Problem, das die gesamte Branche betrifft.
Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik: Mangel gefährdet die Energiewende
Auch im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sieht es düster aus. Hier fehlen laut der Studie 12.200 Fachkräfte. Besonders gravierend: Diese Berufe spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Energiewende.
Ohne genügend Handwerker, die Solaranlagen, Wärmepumpen und energiesparende Heizsysteme installieren können, drohen wichtige Klimaziele in weite Ferne zu rücken.
„Handwerker sind unerlässlich für eine erfolgreiche Klimatransformation“, betont Malin. Doch der Fachkräftemangel gefährdet nicht nur Bauprojekte, sondern bremst auch die Modernisierung der Infrastruktur.
Steigender Bedarf, aber zu wenig Nachwuchs
Obwohl die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in den handwerklichen Berufen leicht steigt, hält dieser Zuwachs mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt. Viele junge Menschen entscheiden sich nach wie vor für akademische Laufbahnen und übersehen die Karrierechancen im Handwerk.
Dabei sind diese Berufe krisensicher und bieten oft deutlich schneller Aufstiegsmöglichkeiten als in klassischen Büroberufen.
„Die Jobs im Handwerk sind vielfältig, bieten die Möglichkeit, früh Verantwortung zu übernehmen, und haben gute Perspektiven“, so Malin. Doch trotz dieser Vorteile bleibt das Handwerk für viele junge Menschen unattraktiv. Das Resultat: Eine wachsende Fachkräftelücke, die Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen betrifft.
Was kann getan werden?
Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, fordern Experten gezielte Maßnahmen, um junge Menschen für das Handwerk zu begeistern. Imagekampagnen, bessere Aufklärung über die Berufschancen und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Handwerksbetrieben könnten helfen, mehr Nachwuchs in die Branche zu bringen.
Darüber hinaus könnte die Weiterbildung von Quereinsteigern eine kurzfristige Lösung bieten. Viele Berufe im Handwerk lassen sich durch Umschulungen und gezielte Weiterbildungsmaßnahmen auch für Fachfremde erschließen.
Doch eines ist klar: Ohne ein stärkeres Engagement wird der Fachkräftemangel im Handwerk weiterwachsen – und das nicht nur zum Nachteil der Branche, sondern der gesamten Wirtschaft.
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