Am 4. September 2015 öffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel die Grenzen, um den wachsenden Flüchtlingsströmen nach Europa zu begegnen. Die Entscheidung löste eine Welle der Euphorie aus – „Refugees welcome“ war das Motto der Stunde.
Prominente wie Daimler-Chef Dieter Zetsche und Politiker wie Sigmar Gabriel träumten von einem neuen deutschen Wirtschaftswunder. Doch diese Träume zerplatzen, und die realistischen Stimmen, die vor den langfristigen Folgen warnten, blieben lange ungehört.
Träume vom neuen Wirtschaftswunder
Dieter Zetsche, damals CEO von Daimler, sah in der Flüchtlingskrise eine wirtschaftliche Chance. Er verglich die Situation mit der Ankunft der Gastarbeiter in den 1950er- und 60er-Jahren, die maßgeblich zum deutschen Wirtschaftswunder beigetragen hatten.
Auch der renommierte Ökonom Marcel Fratzscher prophezeite:
„Viele der Geflüchteten werden die Renten der Babyboomer zahlen.“
Es klang wie ein Plan, der nicht schiefgehen konnte – schließlich war Deutschland wirtschaftlich stark und es gab genügend Arbeitsplätze.
Doch schon zu Beginn der Krise gab es mahnende Stimmen. CDU-Kommunalpolitiker warnten vor den Herausforderungen, die die Zuwanderung für das deutsche Sozialsystem und den Arbeitsmarkt mit sich bringen würde.
Sie befürchteten, dass viele Migranten nicht in den Arbeitsmarkt integrierbar seien und dass kulturelle Unterschiede langfristig zu Problemen führen könnten. Diese Bedenken wurden ignoriert oder als Angstmacherei abgetan.
Die Willkommenskultur zerbricht
Angela Merkel verteidigte ihre Entscheidung vehement, unter anderem bei „Anne Will“, wo sie erklärte, dass die Migrationsströme ohnehin nicht zu stoppen seien. Doch diese Haltung änderte sich schlagartig nach der Silvesternacht 2015 in Köln, als es zu massenhaften sexuellen Übergriffen durch Flüchtlinge kam.
Der öffentliche Druck wuchs, und plötzlich bemühte sich Merkel, die Zahl der Neuankömmlinge drastisch zu reduzieren.
Der Deal mit dem türkischen Präsidenten Erdogan im März 2016 besiegelte die Wende in der deutschen Flüchtlingspolitik. Der Zaun, den Merkel in Europa ablehnte, wurde nun an der türkisch-syrischen Grenze errichtet.
Trotz der Kehrtwende blieb der anfängliche Optimismus bei einigen Politikern ungebrochen. Martin Schulz, damals Präsident des EU-Parlaments, sprach noch im Juni 2016 davon, dass die Flüchtlinge „wertvoller als Gold“ seien, und pries ihren Glauben an Europa. Doch diese Worte schienen zunehmend weltfremd, besonders nach den Anschlägen in Würzburg und Ansbach, bei denen Flüchtlinge als Täter auftraten.
Die Realität holt die Träume ein
Neun Jahre nach dem Beginn der Flüchtlingskrise zeigt sich, dass die Hoffnungen der Optimisten sich nicht erfüllt haben. Von den geflüchteten Syrern sind nur 31 Prozent in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse integriert.
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Mehr als die Hälfte bezieht Bürgergeld. Auch in anderen Flüchtlingsgruppen sieht es nicht besser aus: Die Arbeitslosigkeit unter Afghanen liegt bei rund 60 Prozent.
Die von Zetsche und Fratzscher erhoffte positive wirtschaftliche Wirkung blieb weitgehend aus. Zwar gibt es Erfolgsgeschichten – etwa von Ryyan Alshebl, einem syrischen Flüchtling, der zum Bürgermeister in Baden-Württemberg gewählt wurde, oder von geflüchteten Unternehmern, die kleine Geschäfte eröffneten. Doch diese Fälle sind die Ausnahme und nicht die Regel.
Kollaps der Systeme und steigende Kriminalität
Die Probleme sind nicht nur wirtschaftlicher Natur. Kitas und Schulen stoßen aufgrund der hohen Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund an ihre Kapazitätsgrenzen.
Der Wohnungsmarkt ist überlastet, und die Kriminalität in einigen Regionen ist spürbar gestiegen. Besonders dramatisch sind die Fälle, in denen abgelehnte Asylbewerber trotz ihrer Ausreisepflicht im Land bleiben und schwere Verbrechen begehen.
Das Versagen der Behörden, striktere Maßnahmen zur Kontrolle und Abschiebung umzusetzen, trägt zu wachsender Unzufriedenheit in der Bevölkerung bei. In den letzten Jahren haben Angriffe, insbesondere von abgelehnten Asylbewerbern, für Schlagzeilen gesorgt. Diese Vorfälle heizen die politische Debatte weiter an und stärken populistische Kräfte.
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Eine späte Erkenntnis
Heute, neun Jahre nach der Grenzöffnung, sehen viele die Entscheidung von 2015 in einem anderen Licht. Selbst die Ampel-Koalition, die lange Zeit für eine liberale Migrationspolitik stand, sieht sich gezwungen, ihre Linie zu überdenken. Strengere Asylgesetze und schnellere Abschiebungen sind mittlerweile auf der politischen Agenda angekommen. Doch diese Einsicht kommt spät – für viele zu spät.
Die Warner der ersten Stunde hatten recht.
Die enormen Herausforderungen, die mit der Integration von Flüchtlingen einhergehen, sind Realität geworden. Sie wurden lange ignoriert oder schöngeredet. Heute steht Deutschland vor einer komplexen Aufgabe: Der Spagat zwischen humanitärem Engagement und der Sicherung sozialer Stabilität bleibt eine Herausforderung, deren Bewältigung noch Jahre dauern wird.