Die Uhr tickt. Zum Jahreswechsel tritt die Grundsteuerreform in Kraft, und die ersten Steuerbescheide sorgen bereits für Unruhe. „Aufkommensneutralität“ war das große Versprechen – doch in der Realität zeigt sich, dass für viele Eigentümer und Mieter die Belastung erheblich steigt.
Überraschend teuer könnte es vor allem in Gegenden werden, in denen die Bodenrichtwerte stark gestiegen sind. Besonders ärgerlich: Für Einsprüche ist es fast zu spät.
Steuerbescheide: Ein erster Schock für viele Eigentümer
Die neuen Grundsteuerbescheide basieren auf Berechnungen, die bereits vor Monaten begonnen haben. Doch für viele Eigentümer ist die erste Zahl auf dem Papier ein Schock.
In einigen Fällen hat sich die jährliche Grundsteuer vermehrfacht. Wer sein Grundstück in einer gefragten Lage besitzt, zahlt oft deutlich mehr – auch wenn die versprochene „Aufkommensneutralität“ anderes erwarten ließ.
Einen Lichtblick gibt es immerhin: In Gemeinden, die die neuen Hebesätze noch nicht festgelegt haben, bleibt vorerst der alte Betrag fällig. Doch das ist nur eine vorübergehende Erleichterung – spätestens Mitte 2024 dürfte klar sein, wo die Reise hingeht.
Kann man sich noch wehren?
Die schlechte Nachricht: Der richtige Zeitpunkt für einen Einspruch ist in den meisten Fällen bereits vorbei. „Nach Ablauf der Einspruchsfrist kann das Finanzamt nur noch auf Basis der festgelegten Werte agieren“, erklärt Sybille Barent vom Verband Haus & Grund. Nur bei offensichtlichen Fehlern, etwa falschen Flächenangaben, könnte eine Korrektur noch möglich sein.
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Trotzdem lohnt sich ein Blick in den Bescheid. Denn auch kleinere Fehler können sich einschleichen. Ein Beispiel: Wer in seiner Steuererklärung die gesamte Grundstücksgröße angegeben hat, obwohl er nur einen Teilanteil besitzt, kann dies noch berichtigen.
Wichtig ist: Ein Einspruch gegen die Berechnung setzt die Zahlungspflicht nicht aus – der geforderte Betrag muss zunächst überwiesen werden.
Warum trifft es Mieter genauso hart?
Für Mieter sind die Auswirkungen der Grundsteuerreform ein weiteres Kapitel steigender Wohnkosten. Denn Vermieter dürfen die Grundsteuer über die Betriebskosten auf ihre Mieter umlegen – das ändert sich auch mit der Reform nicht. Vermieter, die bisher aus Kulanz die Grundsteuer selbst getragen haben, könnten dies nun überdenken.
Die Höhe der umgelegten Kosten hängt vom jeweiligen Mietvertrag ab. Wenn dort auf die Betriebskostenverordnung verwiesen wird, ist die Umlage der Grundsteuer rechtens. Für Mieter heißt das: Nebenkostenabrechnungen künftig noch genauer prüfen.
Musterklagen: Hoffnung oder Zeitverschwendung?
Der Bund der Steuerzahler und Haus & Grund haben Musterklagen angestrengt, die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells aufwerfen. Dabei geht es unter anderem um die Bodenrichtwerte, die als Grundlage dienen. Ein beliebtes Beispiel: In Berlin-Neukölln sind diese teilweise höher angesetzt als im noblen Wannsee – ein offensichtliches Ungleichgewicht.
Doch bisher gibt es wenig Grund zum Optimismus. Erste Klagen, etwa vor dem Finanzgericht Köln, wurden bereits abgewiesen. Die Begründung: Die Berechnungsgrundlagen seien rechtlich sauber. Wer sich auf Musterklagen berufen will, sollte Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen – eine kleine Chance bleibt, auch wenn der Ausgang ungewiss ist.
Was Eigentümer und Mieter jetzt tun können
- Bescheid prüfen: Fehlerhafte Angaben oder Rechenfehler können das Ergebnis erheblich beeinflussen. Selbst kleine Korrekturen könnten die Steuerlast senken.
- Einspruch in Einzelfällen: Wer sich auf grobe Fehler oder Musterklagen beruft, sollte das Verfahren aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhen lassen.
- Mietverträge überprüfen: Mieter sollten genau wissen, welche Kosten in der Nebenkostenabrechnung rechtlich zulässig sind.