Die Summe ist atemberaubend, die Bedingungen sind es auch. OpenAI, das von Sam Altman geführte KI-Vorzeigeunternehmen, hat in seiner jüngsten Finanzierungsrunde eine Bewertung von 300 Milliarden US-Dollar erreicht – und sich Kapitalzusagen über bis zu 40 Milliarden Dollar gesichert. Doch fast die Hälfte dieses Geldes steht unter Vorbehalt.
Denn 20 Milliarden Dollar davon – zugesagt von keinem Geringeren als dem japanischen Technologie-Investor SoftBank – fließen nur, wenn OpenAI den Umbau zu einem klar gewinnorientierten Unternehmen bis Ende des Jahres erfolgreich abschließt. Noch ist das keineswegs in trockenen Tüchern.
Der Umbau zur Profitmaschine – mit moralischem Etikett
Bisher galt OpenAI als Sonderling unter den Tech-Giganten: ein Unternehmen, das zwar kommerziell agiert, aber rechtlich von einer gemeinnützigen Mutter kontrolliert wird.
Diese hybride Struktur sollte sicherstellen, dass die Entwicklung Künstlicher Intelligenz nicht rein profitorientiert erfolgt – ein Erbe aus der Gründungszeit. Doch mit der aktuellen Finanzierungsrunde endet diese Phase.
OpenAI will sich in eine sogenannte „Public Benefit Corporation“ nach US-Recht umwandeln – eine Art soziale Kapitalgesellschaft, die zwar Gewinne machen darf, sich aber einem höheren gesellschaftlichen Zweck verpflichtet fühlt.
Ob das in der Praxis mehr ist als ein PR-Mäntelchen, ist offen. Für die Investoren zählt vor allem: Die Altlast der gemeinnützigen Oberstruktur muss verschwinden, um neue Mittel fließen zu lassen – und Renditeoptionen zu schaffen, die nicht gedeckelt sind.
Die Billionen-Wette auf künstliche Intelligenz
SoftBank-Chef Masayoshi Son gilt als einer der besessensten Tech-Investoren der Welt – und als jemand, der notfalls gegen jede Vernunft Milliarden in Visionen steckt.

Sein strategisches Ziel: mit OpenAI gemeinsam das sogenannte „Stargate“-Projekt voranzutreiben, eine bis zu 500 Milliarden Dollar schwere Initiative, um Rechenzentren der nächsten Generation zu bauen. OpenAI ist dabei der Motor – aber nur, wenn das Unternehmen operativ unabhängig und kapitalmarktfähig ist.
Son selbst nennt OpenAI „den aussichtsreichsten Kandidaten auf dem Weg zur allgemeinen Künstlichen Intelligenz“ (AGI). Und er ist bereit, viel Geld in die Hand zu nehmen – unter einer Bedingung: vollständige Umwandlung, vollständige Kontrolle, vollständige Ausrichtung auf Wachstum.
Milliarden mit Fußnoten – die SoftBank-Klauseln im Detail
Die erste Tranche von 10 Milliarden Dollar wird ohne Auflagen ausgezahlt – sie ist für das bestehende Tochterunternehmen OpenAI Global reserviert und wird über Kredite bei Banken wie der Mizhuho Bank finanziert.
Die zweite Tranche über bis zu 30 Milliarden Dollar ist an ein komplexes Bedingungsgeflecht gebunden: 22,5 Milliarden davon sollen direkt von SoftBank kommen, der Rest von einem Investorenkonsortium.
Sollte die Umwandlung scheitern oder sich verzögern, darf SoftBank den Beitrag auf 10 Milliarden kürzen. Die Syndizierung mit weiteren Investoren ist ebenfalls an das Zustandekommen der neuen Unternehmensstruktur gekoppelt.
Juristische Stolpersteine – und ein alter Bekannter
Offen ist dabei noch, wie sich eine laufende Klage von Tesla-Chef Elon Musk auf die Umwandlung auswirken wird. Musk hatte OpenAI mitgegründet und wirft dem Unternehmen inzwischen vor, sich von seinen gemeinnützigen Wurzeln entfernt und den Zugang zu seiner Technologie zu stark eingeschränkt zu haben – zugunsten von Microsoft und zahlungskräftigen Partnern. Der Prozess könnte den Umbau verlangsamen – oder gar aufhalten.
Für OpenAI steht damit mehr auf dem Spiel als ein lukrativer Deal: Es geht um den endgültigen Bruch mit dem Gründungsversprechen, Künstliche Intelligenz ausschließlich zum Wohle der Menschheit zu entwickeln – und nicht zur Maximierung von Shareholder Value.
Zwischen Mission und Milliarden
Die nächsten Monate entscheiden, ob OpenAI zur wertvollsten Tech-Firma der Welt aufsteigt – oder in einem Gewirr aus Kapitalinteressen, juristischen Streitigkeiten und strukturellen Altlasten stecken bleibt.
Der Preis für den nächsten Technologiesprung ist hoch. OpenAI scheint bereit zu sein, ihn zu zahlen. Die Frage ist nur: Wer zahlt am Ende wirklich – finanziell, politisch, ethisch?
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