Die Postbank wagt einen neuen Anlauf in der hart umkämpften Welt der Girokonten: Mit dem „Postbank Giro pur“ führt die Deutsche-Bank-Tochter ein kostenloses Konto ein – allerdings nur für Kunden, die es ausschließlich online nutzen und einen regelmäßigen Geldeingang von mindestens 900 Euro nachweisen können. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss 5,90 Euro im Monat zahlen.
Die Strategie ist klar: Die Postbank will junge, digitalaffine Kunden gewinnen und sich stärker als digitale Marke positionieren – eine Antwort auf die steigende Konkurrenz von Direkt- und Neobanken wie ING, DKB oder N26.
Banken im Wandel: Kostenlos war gestern?
Der Trend ist unübersehbar: Während Direktbanken wie N26 mit kostenlosen Konten werben, schaffen viele klassische Banken ihre Gratiskonten ab oder koppeln sie an Bedingungen. Erst kürzlich hat die Commerzbank angekündigt, ihr gebührenfreies Konto abzuschaffen – mit Ausnahme ihrer Online-Tochter Comdirect.
Die Postbank geht den entgegengesetzten Weg. Doch ihr Angebot richtet sich nicht an jedermann. Kunden, die weiterhin Wert auf persönliche Beratung legen oder ihre Bankgeschäfte lieber in einer Filiale erledigen, gehen leer aus.
„Wir wollen Serviceaufgaben weiter aus unseren Filialen in die digitale Welt überführen, weil die Kunden sie einfach online erledigen können“, erklärte Dominik Hennen, der als Manager der Deutschen Bank für das Privatkundengeschäft verantwortlich ist. „Die Filialen sollen sich stärker auf die persönliche Beratung konzentrieren.“
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Filialsterben: Postbank setzt auf Online-Banking
Die Postbank reduziert konsequent ihre physische Präsenz. Bis 2026 sollen nur noch 320 der derzeit 550 Filialen bestehen bleiben. Der Sparkurs der Deutschen Bank-Tochter ist damit Teil eines größeren Branchentrends: Banken setzen verstärkt auf digitale Lösungen, um Kosten zu sparen und Effizienz zu steigern.
Für viele Kunden bedeutet das einen tiefgreifenden Wandel. Wo früher eine Bankberaterin vor Ort erreichbar war, werden heute Chatbots und Telefonhotlines eingesetzt.
Kritiker warnen jedoch, dass diese Entwicklung zulasten der Servicequalität gehen könnte – insbesondere für ältere Kunden, die nicht mit digitalen Lösungen vertraut sind.
Konkurrenzkampf mit Neobanken und Direktbanken
Mit dem neuen Gratiskonto stellt sich die Postbank der wachsenden Konkurrenz durch Neobanken wie N26 oder Fintechs wie Trade Republic. Während klassische Banken oft an stationären Strukturen festhalten, haben diese Anbieter ihre Geschäftsmodelle vollständig auf digitale Prozesse umgestellt.
Ein entscheidender Unterschied: Während bei N26 oder Trade Republic keine Mindesteingänge nötig sind, setzt die Postbank auf einen Mindestgeldeingang von 900 Euro.
Der Grund ist simpel: Nur so kann die Bank davon ausgehen, dass Kunden ihr Konto als Hauptkonto nutzen – und damit lukrative Zusatzgeschäfte ermöglichen, etwa Kredite oder Wertpapierdepots.
Der Drahtseilakt zwischen Tradition und Digitalisierung
Mit dem neuen Angebot geht die Postbank einen riskanten Weg. Einerseits will sie mit modernen Kontomodellen Kunden gewinnen, andererseits soll sie weiterhin als Teil der Deutschen Bank für konservativere Zielgruppen attraktiv bleiben.
Die Strategie sei „digital first, nicht digital only“, betont Hennen. Während reine Online-Banken komplett auf Filialen verzichten, will die Postbank ein Hybridmodell beibehalten. Doch es bleibt fraglich, ob diese Strategie langfristig aufgeht – oder ob sie zwischen digitalen Herausforderern und etablierten Banken aufgerieben wird.
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