23. September, 2024

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Finfluencer: Wie junge Anleger in die Falle tappen können

Immer mehr junge Menschen vertrauen auf die Tipps von Finanz-Influencern. Doch nicht alle Ratschläge führen zum Erfolg – im schlimmsten Fall drohen finanzielle Verluste. Wo die größten Fallstricke lauern und wie man sie vermeidet.

Finfluencer: Wie junge Anleger in die Falle tappen können
Hohe Followerzahlen, wenig Kompetenz – Viele Finfluencer bieten keine qualifizierte Finanzberatung.

Finanzmärkte sind faszinierend. Das Spiel mit Aktien, Kryptos und Derivaten scheint für viele die goldene Eintrittskarte zu schnellem Reichtum zu sein.

Doch wie bei so vielen Dingen im Leben, ist auch hier Vorsicht geboten – und das gilt vor allem für die jüngere Generation, die seit der Coronapandemie den Aktienmarkt für sich entdeckt hat.

Was früher undurchsichtig und elitär schien, ist dank Social Media auf einmal nur einen Wisch entfernt. Doch hinter den bunten Instagram-Posts und den vermeintlich sicheren Tipps der sogenannten "Finfluencer" lauert oft mehr Risiko als Rendite.

Der Finfluencer-Hype – Wer klickt, kauft auch?

Seit der Pandemie haben sich die Finanzmärkte gewandelt – und mit ihnen das Publikum. Plötzlich saßen viele Menschen zu Hause, die Börsenkurse explodierten, und der Drang, irgendwie mitzumischen, stieg enorm.

Finanz-Influencer, kurz Finfluencer, waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Plötzlich erklärten junge, hippe Leute auf Instagram und TikTok, wie man clever investiert, ohne die Bank zu sprengen.

Geldtipps auf Social-Media: Der wahre Gewinn der Finfluencer
Hohe Rendite mit kleinem Aufwand ist die Botschaft vieler Finfluencer. Aber statt großer Gewinne verlieren viele Follower ihr investiertes Geld.

Das klingt erst einmal positiv: Junge Menschen interessieren sich für ihre finanzielle Zukunft, nehmen ihre Finanzen selbst in die Hand und versuchen, Vermögen aufzubauen.

Aber: Diese neue Begeisterung hat eine Schattenseite, die kaum jemand anspricht. Denn nicht jeder, der auf Social Media über Finanzthemen spricht, hat auch wirklich Ahnung davon – und nicht jeder gibt Tipps aus reiner Nächstenliebe. Viele Finfluencer verkaufen Träume, die in der Realität oft teuer bezahlt werden müssen.

Mehr Follower, mehr Vertrauen? Ein gefährlicher Trugschluss

Verbraucherschützer sind alarmiert. Sie warnen davor, blind den Ratschlägen dieser selbsternannten Finanzexperten zu folgen. Einer, der diese Entwicklung genau beobachtet, ist Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

„Finfluencer inszenieren eine scheinbare Nähe zu ihren Followern. Sie tun so, als wären sie die besten Kumpels, die einem in Sachen Finanzen einfach mal schnell weiterhelfen. Doch oft fehlt es ihnen an wirklicher Fachkenntnis.“

Das ist ein entscheidender Punkt: Viele Finfluencer bauen eine persönliche Bindung zu ihren Followern auf. Sie posten nicht nur Finanz-Tipps, sondern teilen auch private Einblicke, zeigen, wie sie selbst investieren oder welches Auto sie sich von ihren Renditen kaufen.

Provisionsgetrieben – Viele Finfluencer verdienen am Verkauf der Produkte, die sie empfehlen.

Diese Nähe sorgt dafür, dass viele ihrer Follower ihnen blind vertrauen – selbst dann, wenn die Tipps keinerlei Substanz haben.

Aber das Problem geht noch tiefer: Finfluencer arbeiten in einer rechtlichen Grauzone. Während echte Anlageberater durch die Finanzaufsicht reguliert werden und sich an strenge Regeln halten müssen, ist das bei Finfluencern nicht der Fall.

Sie dürfen frei über Wertpapiere und Investments sprechen, ohne dass ihre Aussagen überprüft werden. Das öffnet Tür und Tor für falsche Informationen und unseriöse Empfehlungen.

Der Fall "immo.tommy" – Ein Beispiel für viele

Ein besonders eindrückliches Beispiel dafür, wie schief es gehen kann, wenn man den falschen Leuten vertraut, ist der Immobilien-Influencer Tomislav Primorac, der auf Instagram als „immo.tommy“ bekannt ist.

Immo Tommy: Abzocke mit System?
Der hohe Preis von falschen Versprechen in der Immobilienwelt - Immobilien als Schlüssel zu Reichtum und Sicherheit? Viele Anleger erfahren auf schmerzhafte Weise, dass die Verheißungen von Immo Tommy und Co. sie nicht in die Freiheit, sondern in finanzielle Abgründe führen.

Mit über 850.000 Followern galt er als einer der größten Immobilien-Influencer in Europa. Doch für einige seiner Kunden endete der Traum von der eigenen Immobilie im Desaster.

Mehreren seiner Kunden wird vorgeworfen, heruntergekommene Wohnungen zu deutlich überhöhten Preisen gekauft zu haben – und das auf Empfehlung von Primorac.

Immo Tommy Statement: “Ich war’s!” mit viel Mitleidsgebettel
In einem kürzlich veröffentlichten Instagram-Video spricht Immobilien-Influencer “Immo Tommy” über Morddrohungen gegen seine Familie, zeichnet sich dabei jedoch als Opfer einer Medienhetzjagd.

Für die Käufer waren die Immobilien keine lukrative Investition, sondern eine finanzielle Katastrophe. Sie fühlten sich betrogen und berichteten von intransparenten Zahlungen und undurchsichtigen Verträgen.

Der Skandal zeigt: Nicht jeder, der viele Follower hat, ist auch ein seriöser Berater. Und nicht jede gut gemeinte Empfehlung führt zu einer finanziellen Erfolgsstory. Gerade bei großen Investitionen wie Immobilienkäufen sollten Verbraucher daher besonders vorsichtig sein und die vermeintlichen Experten genau unter die Lupe nehmen.

Vier Regeln, um nicht in die Finfluencer-Falle zu tappen

Um sich vor unseriösen Finfluencern zu schützen, haben Verbraucherschützer klare Tipps, die jeder Anleger befolgen sollte:

1. Den "Experten"-Status hinterfragen

Nur weil jemand auf Social Media eine große Fangemeinde hat, heißt das noch lange nicht, dass er wirklich Ahnung hat.

„Wichtiger als die Anzahl der Follower ist die Qualifikation des Finfluencers“, erklärt Niels Nauhauser.

Verbraucher sollten darauf achten, ob der Influencer seinen beruflichen Hintergrund und seine Expertise offenlegt. Gibt es keine nachvollziehbaren Informationen zur Ausbildung oder zu beruflichen Stationen? Dann ist Skepsis angesagt.

Und auch wenn die Followerzahlen beeindruckend wirken: Laut einer Studie des Swiss Finance Institute erzielen nur 28 Prozent der Finfluencer überhaupt eine überdurchschnittliche Rendite. Die Mehrheit performt schlechter als der Markt – das bedeutet, dass viele Anleger besser gefahren wären, wenn sie den gegenteiligen Ratschlägen gefolgt wären.

2. Unrealistische Versprechen entlarven

Es klingt verlockend: "Investiere jetzt und werde in sechs Monaten reich!" Doch genau hier sollten die Alarmglocken schrillen. Hohe Renditen gehen immer mit hohen Risiken einher, und oft steckt hinter solchen Versprechen nichts weiter als heiße Luft. Hinterfragen Sie immer, wie realistisch die gemachten Aussagen sind, und seien Sie besonders vorsichtig bei Produkten, die als risikolos beworben werden.

3. Transparenz über finanzielle Interessen

Viele Finfluencer verdienen direkt an den Produkten, die sie bewerben. Sei es durch Provisionen, Affiliate-Links oder direkte Partnerschaften mit Finanzdienstleistern – oft wird nicht offen kommuniziert, woher das Geld wirklich kommt. Seriöse Finfluencer legen transparent offen, wie sie an ihren Empfehlungen verdienen und ob es Interessenkonflikte gibt.

4. Finger weg von hochriskanten Anlagen

Komplexe Finanzprodukte wie Derivate, CFDs oder Day-Trading klingen vielleicht spannend, sind aber extrem riskant – und in den meisten Fällen verlieren Privatanleger damit Geld. Gerade für Einsteiger sind solche Produkte deshalb nicht zu empfehlen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte besser in breit gestreute ETFs investieren und sich nicht auf hochspekulative Tipps verlassen.