Die Haus-Cramer-Gruppe, Mutterkonzern der Traditionsbrauerei Warsteiner, kommt nicht zur Ruhe. Mit dem sofortigen Rücktritt von Dimitri Lagun, Leiter des Lieferketten-Managements und Chef der Logistiktochter Boxx, verliert das Unternehmen eine weitere Führungskraft.
Der Brauereikonzern gab gesundheitliche Gründe für den Schritt an. Doch intern wird spekuliert, ob es sich nicht um eine weitere Personalentscheidung inmitten eines strukturellen Umbruchs handelt.
Lagun war erst seit Januar 2024 in dieser Position. Nun sollen Andreas Gronover (intermodale Logistik & Logistik Services) und Christoph Göckede (Produktionsplanung) die Aufgaben aufteilen.
Doch die erneuten Wechsel an der Spitze werfen Fragen auf: Ist das Unternehmen strategisch überfordert? Und wie wirkt sich die Unruhe in der Chefetage auf das ohnehin schwierige Marktumfeld aus?
Personalchaos und strategische Fehler
Die Krise von Warsteiner ist nicht nur eine Folge des schrumpfenden Biermarkts. Während viele Brauereien durch steigende Rohstoffpreise und einen intensiven Preiskampf unter Druck geraten, plagen Warsteiner zusätzliche interne Probleme.

Die überdurchschnittlich hohe Fluktuation im Management verstärkt das Bild eines Unternehmens, das seinen Kurs nicht findet. Seit November 2024 hat Warsteiner eine ganze Reihe von Führungskräften verloren:
- Helmut Hörz, damaliger CEO, musste "aufgrund unterschiedlicher Auffassungen" gehen.
- André Hilmer, Vertriebsdirektor Gastronomie National, verließ das Unternehmen im Januar.
- Andreas von Grabowiecki, Marketingchef, folgte wenig später.
Hinzu kommen tiefgreifende strukturelle Probleme. Während die Wettbewerber ihr Portfolio aggressiv diversifizieren und auf alkoholfreie Alternativen setzen, hinkte Warsteiner lange hinterher.
Der frühere Chef Hörz versuchte zwar, die Strategie umzukrempeln, indem er Beteiligungen ausbaute und Tochterunternehmen gründete. Doch offenbar war die Geschwindigkeit zu hoch: Die Organisation schien mit den zahlreichen Parallelbaustellen überfordert.
Eine Marke mit Identitätskrise
Das Traditionsunternehmen ist nicht nur mit internen Schwierigkeiten konfrontiert, sondern steht auch vor einer Identitätskrise. 2023 verkündete Warsteiner-Inhaberin Catharina Cramer eine strategische Neuausrichtung: Der Konzern wurde in Haus-Cramer-Gruppe umbenannt, um eine breitere Unternehmensstrategie zu signalisieren. Doch statt Klarheit brachte der Schritt vor allem Verwirrung.
Die Marke Warsteiner verliert zusehends Marktanteile, während sich Konkurrenten wie Krombacher oder Bitburger stärker im Supermarktregal positionieren. Auch der Versuch, sich mit Premium-Bieren oder Craft-Bier-Anleihen neu zu erfinden, blieb bislang hinter den Erwartungen zurück.
Darüber hinaus besitzt das Unternehmen Brauereien wie Herforder, Paderborner und Frankenheim, deren strategische Rolle innerhalb der Gruppe unklar ist. Während andere Brauereien auf Internationalisierung und ein breites Produktportfolio setzen, bleibt Warsteiner in einem engen Wettbewerbsumfeld gefangen.
Wohin steuert Warsteiner?
Der erneute Führungskräfte-Wechsel zeigt: Die Krise ist keineswegs gelöst. Während das Unternehmen weiterhin beteuert, dass die Strategie greift, deutet die hohe Fluktuation auf massive interne Spannungen hin.
Die entscheidende Frage bleibt: Kann Warsteiner einen neuen Kurs finden, bevor es von der Marktentwicklung überrollt wird? Oder droht der Traditionsbrauerei ein schleichender Bedeutungsverlust im deutschen Biermarkt?
Ein neuer CEO wird dringend benötigt. Doch ob er oder sie genug Spielraum hat, die Umstrukturierung konsequent umzusetzen, bleibt offen.
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