Nur wenige Stunden nach dem global aufsehenerregenden Zoll-Paukenschlag aus dem Weißen Haus reiste Israels Premierminister Benjamin Netanjahu persönlich an – als erster ausländischer Regierungschef nach der Ankündigung von Donald Trumps neuer Zollrunde. Die Botschaft war eindeutig: Israel will handeln, bevor es getroffen wird.
„Wir werden das Defizit eliminieren“
In einem medienwirksam inszenierten Auftritt im Oval Office verkündete Netanjahu, Israel wolle das Handelsdefizit mit den USA „sehr schnell“ beseitigen.
Das klingt ehrgeizig: 2024 betrug dieses Defizit 7,4 Milliarden US-Dollar, ein Plus von 8,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Israel exportierte Waren im Wert von 22,2 Milliarden US-Dollar in die USA, während die Importe aus den Vereinigten Staaten lediglich bei 14,8 Milliarden Dollar lagen – ein klarer Überschuss zugunsten Israels.
Netanjahu betonte, Israel werde nicht nur das Defizit abbauen, sondern auch „Handelsbarrieren eliminieren“. Das Land wolle ein „Modell für fairen Freihandel“ sein – ein Signal, das in Washington zur rechten Zeit kommen dürfte.
Trumps 17-Prozent-Zölle auf israelische Waren
Trotz der engen Sicherheits- und Wirtschaftspartnerschaft zwischen den USA und Israel hat das Weiße Haus das Land nicht von den neuen Zöllen ausgenommen.
Auf israelische Importe sollen künftig 17 Prozent Zoll erhoben werden – eine Maßnahme, die viele als geopolitisch brisant einstufen, gerade angesichts der jährlich vier Milliarden Dollar an US-Militärhilfe für Israel.

Trump zeigte sich im Pressegespräch wenig versöhnlich: „Vielleicht reduzieren wir die Zölle, vielleicht auch nicht“, sagte er. Statt auf die Argumente seines Gastes einzugehen, erinnerte er an die US-Hilfszahlungen: „Wir helfen Israel viel – das darf man nicht vergessen.“
Diamanten, Mikrochips und Medikamente
Die wirtschaftliche Verflechtung beider Länder ist hoch. Israel liefert in erster Linie Rohdiamanten, integrierte Schaltkreise (Mikrochips) und Übertragungstechnologie in die USA.
Die Vereinigten Staaten exportieren im Gegenzug ebenfalls Diamanten, aber auch Explosivmunition und verpackte Pharmazeutika nach Israel – so die Zahlen des Observatory of Economic Complexity (OEC) für 2023.
Die gegenseitigen Handelsströme sind hochspezialisiert, teilweise sicherheitsrelevant – und sie basieren auf einem Freihandelsabkommen, das seit 1985 in Kraft ist. Die nun drohenden Zölle stehen damit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch völkerrechtlich auf wackeligem Boden.
Ein diplomatischer Drahtseilakt
Netanjahus Vorstoß, die Handelsbilanz schnellstmöglich auszugleichen, dürfte auch taktisch motiviert gewesen sein.
Nur einen Tag vor Trumps sogenanntem „Liberation Day“ hatte der israelische Regierungschef öffentlich angekündigt, alle verbleibenden Importzölle auf US-Waren einseitig aufheben zu wollen – möglicherweise in der Hoffnung, damit Trumps Drohung zu entschärfen.
Doch der ehemalige Präsident nutzt den Moment, um auch gegenüber engsten Verbündeten Stärke zu demonstrieren. Die Botschaft: Niemand bekommt Sonderkonditionen – auch nicht Israel. Damit rüttelt Trump an einem bislang kaum infrage gestellten Prinzip: wirtschaftliche Partnerschaft als Bestandteil strategischer Allianz.
Wirtschaftliche Hebel als politisches Druckmittel
Trump koppelt ökonomische Fragen gezielt an geopolitische Loyalität. Das zeigt sich auch in seinen Bemerkungen zur US-Militärhilfe: Wer sicherheitspolitisch Unterstützung wolle, müsse auch wirtschaftlich auf Linie sein. Diese Vermischung von Bereichen gilt in diplomatischen Kreisen als riskant – zumal sie Präzedenzwirkung für andere Staaten haben könnte.
Dass Israel nun unter Druck steht, sein Defizit „schnell“ zu beseitigen, ist das Resultat dieser neuen Verhandlungslogik. Ob das realistisch ist, bleibt offen – Handelsströme lassen sich nicht über Nacht umkehren. Zumal Israels wirtschaftlicher Exportfokus stark technologiegetrieben ist – während viele US-Produkte in Israel nur begrenzten Absatz finden.
Ein Abkommen auf dem Prüfstand
Mit Trumps Zollpolitik gerät auch das US-israelische Freihandelsabkommen unter politischen Druck. 1985 war es das erste seiner Art – und ein symbolischer Meilenstein in der transatlantischen Wirtschaftsgeschichte. Heute könnte es als Kollateralschaden einer Politik enden, die mit wirtschaftlichem Muskelspiel außenpolitische Stärke demonstrieren will.
Israel gibt sich kooperationsbereit – aber Washington bestimmt die Spielregeln.
Ob Netanjahus Ankündigungen ausreichen, um die 17-Prozent-Zölle zu verhindern, ist mehr als fraglich. In Trumps Welt zählen Zahlen – und Loyalität. Beides muss Israel nun unter Beweis stellen.
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