Rabatte sind der Magnet des Einzelhandels, doch nicht jeder Preisnachlass hält, was er verspricht. Jetzt hat Aldi Süd im Streit um „irreführende Rabatte“ eine klare Niederlage vor dem Landgericht Düsseldorf erlitten.
Das Urteil könnte den gesamten Handel umkrempeln: Rabatte dürfen sich künftig nicht mehr auf den zuletzt festgelegten Preis beziehen, sondern müssen den niedrigsten Verkaufspreis der vergangenen 30 Tage als Maßstab nehmen.
Im konkreten Fall ging es um die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die den Discounter wegen eines Angebots für Bananen verklagt hatte. Sie sah eine Täuschung, weil der Rabatt von 23 Prozent auf einen alten Preis von 1,69 Euro pro Kilo angerechnet wurde, obwohl die Bananen bereits zuvor für 1,29 Euro im Regal lagen.
Eine Preisstrategie, die Verbraucherschützer als „Preisschaukel“ bezeichnen – ein Preisnachlass, der letztlich keiner ist. Für das Gericht ein klarer Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.
Preiswerbung im Visier der Justiz
Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf beruft sich auf ein kürzlich ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser stellte klar, dass Rabattangaben sich an einem realen, vergleichbaren Preis orientieren müssen – nicht an einem Preis, der nur kurzfristig angehoben wurde, um eine scheinbare Ersparnis zu suggerieren.
„Bei Preiswerbung sind Verbraucher am leichtesten zu verwirren. Deshalb muss sie klar und eindeutig sein“, so der vorsitzende Richter Wilko Seifert.
Aldi Süd hat das Urteil akzeptiert, über eine Berufung sei jedoch noch nicht entschieden. Die Entscheidung hat das Potenzial, die gesamte Rabattstrategie im Einzelhandel zu verändern. Schon nach dem EuGH-Urteil begannen viele Händler, ihre Werbeaktionen umzustellen und auf Prozentangaben zu verzichten.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht negative Auswirkungen auf die Preisaktionen im gesamten Sektor und prophezeit höhere Durchschnittspreise für die Verbraucher.
Kaufpsychologie: Mehr Klarheit, weniger Kaufrausch?
Rabatte von über 20 Prozent, die Kunden zum Kauf motivieren, könnten künftig seltener und weniger spektakulär ausfallen. „Rabatte haben eine starke psychologische Wirkung“, erklärt Robert Briske, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. „Fallen sie kleiner aus oder werden sie transparenter dargestellt, könnte das den Kaufimpuls reduzieren.“
Dass die Rabatte transparent und real sein müssen, mag im Sinne der Verbraucher sein – die Frage ist, ob sich weniger aggressive Preisaktionen für die Händler lohnen.
Kunden werden die Folgen bald zu spüren bekommen, besonders in den Tagen rund um den Black Friday, an dem Händler traditionell ihre aggressivsten Rabattschlachten veranstalten.
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Einzelhandelsexperte Carsten Kortum geht jedoch davon aus, dass der Handel kreative Wege finden wird, auch ohne Rabattricks Kunden zu gewinnen. So würden künftig statt des bisherigen „Ursprungspreises“ nur noch die rabattierten Preise beworben – das spare Ärger und bürokratische Anpassungen.
Amazon und der „Freiversuch“
Interessant wird, wie die Konkurrenz mit dem Urteil umgeht. Denn auch Online-Giganten wie Amazon standen bereits in der Kritik: Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mahnte den Versandriesen ab, weil die Rabattberechnung nicht auf dem tatsächlichen Verlaufspreis der letzten 30 Tage basierte.
Die Bezugsgröße: die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers (UVP). Doch anders als bei Aldi bedeutet das Urteil nicht automatisch Strafen für andere Händler, die ihre Rabatte bisher ähnlich beworben haben. Laut Rechtsexperten haben diese nun die Chance, ihre Rabattpraxis anzupassen, bevor sie selbst mit Bußgeldern rechnen müssen.