Die Umfragewerte sind alarmierend: Zwei renommierte Meinungsforschungsinstitute, Forsa und Infratest Dimap, sehen die FDP bei nur noch drei Prozent. Es ist das niedrigste Ergebnis seit fast einem Jahrzehnt. Der Unterschied: 2015 befand sich die Partei in der Opposition, heute regiert sie mit.
Doch von Erfolg kann keine Rede sein. Drei Landtagswahlen in Folge gingen katastrophal aus – unter einem Prozent in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Der Schock sitzt tief, doch Parteichef Christian Lindner scheint sich davon wenig beeindrucken zu lassen. Mit Galgenhumor und Zynismus lenkt er vom Abwärtstrend ab.
„Heute ist nur die Existenz der FDP bedroht. Das kennen wir. Das war immer so“, erklärte Lindner jüngst bei einem öffentlichen Auftritt in Berlin.
Doch hinter den Kulissen brodelt es gewaltig. Die Partei, die unter Lindners Führung einst strahlte, scheint mehr denn je in einer Identitätskrise gefangen zu sein. Während die Liberalen sich auf Regierungsebene nicht behaupten können, fragen sich immer mehr Parteimitglieder, ob Lindner tatsächlich der Richtige ist, um die FDP aus der Krise zu führen.
Offene Konflikte und bröckelnde Disziplin
Was sich bisher nur andeutete, wird nun immer deutlicher: Die FDP steht vor ihrem größten internen Konflikt seit Jahren. Noch hält die Parteispitze zusammen, aber erste Risse sind unübersehbar.
Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und enger Vertrauter Lindners, äußerte öffentlich Kritik an der Rentenpolitik der Ampelkoalition. „So ist das Rentenpaket im Parlament nicht zustimmungsfähig“, sagte Vogel. Es ist mehr als nur ein Seitenhieb auf die Koalitionspartner – es ist eine offene Machtprobe innerhalb der eigenen Reihen.
Vogel hat es mit seinem Angriff auf Lindners Rentenpolitik auf die große Bühne geschafft. Die Frage, die sich viele stellen: Ist dies der Beginn eines Machtkampfes oder schlicht ein strategischer Schachzug, um die Parteibasis zu beruhigen? Der Unmut wächst, und die Frage, ob Lindner wirklich unersetzbar ist, wird lauter.
Lindners Dilemma: Geht es um die Partei oder die eigene Karriere?
Seit 2013 führt Lindner die Partei an, hat sie nach dem historischen Rauswurf aus dem Bundestag 2013 wiederaufgebaut und 2021 als Teil der Ampelkoalition in die Regierung geführt.
Lesen Sie auch:
Doch heute steht er vor einem Dilemma: Rettet er die FDP oder sich selbst? Seine Aussagen über eine „neue Dynamik“, die er nach der Wahlschlappe in Brandenburg ins Spiel brachte, lassen viele vermuten, dass Lindner bereits über einen Ausstieg aus der Regierung nachdenkt. Der Finanzminister flirtet offen mit der Idee, sich von der ungeliebten Ampelkoalition zu lösen, um die FDP neu zu positionieren.
Doch ob das ausreicht, um die Liberalen wieder auf Kurs zu bringen, ist fraglich. Die Partei hat sich zu sehr auf Lindner fixiert, und genau das könnte ihr nun zum Verhängnis werden. Bei der Europawahl 2024 gelang es der FDP, mit einer anderen Spitzenkandidatin, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, auf 5,2 Prozent zu kommen – fast doppelt so viel wie in den aktuellen Umfragen.
Die Schicksalsfrage: Wie geht es weiter mit der FDP?
Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Die FDP steht nicht nur vor der Herausforderung, sich politisch neu zu erfinden, sondern auch personell. Der Druck auf Lindner wächst, und es wird sich zeigen, ob er in der Lage ist, die Partei aus der Krise zu führen – oder ob die Zeit für einen Wechsel an der Parteispitze gekommen ist.