22. Dezember, 2024

Finanzen

EZB senkt Zinsen erneut – Erleichterung für die Wirtschaft?

Mit der dritten Zinssenkung im Jahr 2024 reagiert die Europäische Zentralbank auf die gesunkene Inflation und die schwache Wirtschaft im Euroraum. Doch die Maßnahmen bergen auch Risiken.

EZB senkt Zinsen erneut – Erleichterung für die Wirtschaft?
Mit der dritten Zinssenkung in diesem Jahr reagiert die EZB auf die schwache Wirtschaft im Euroraum. Doch Kritiker warnen: Die strukturellen Probleme, besonders in Deutschland, bleiben ungelöst.

Die Europäische Zentralbank (EZB) greift erneut zu einem bewährten Mittel, um die Wirtschaft des Euroraums anzukurbeln: Sie senkt den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf nunmehr 3,25 Prozent.

Damit hofft die Notenbank, das wirtschaftliche Wachstum in der Eurozone zu stimulieren und die Konjunktur anzukurbeln. Diese Entscheidung kommt inmitten einer bereits seit Monaten abkühlenden Inflation – ein Lichtblick für die europäische Wirtschaft. Doch nicht alle sind überzeugt, dass diese Maßnahme ausreicht.

Erneut sinkende Zinsen: Reaktion auf schwache Wirtschaft

Mit dieser Zinssenkung hat die EZB im Jahr 2024 bereits zum dritten Mal eingegriffen. Dabei wurden sowohl der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder bei der EZB erhalten, als auch der Refinanzierungszins für Banken reduziert.

Der Zinssatz, zu dem sich Banken Geld bei der EZB leihen können, sinkt nun ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent. Die Entscheidung wurde nach einer Sitzung in Slowenien bekanntgegeben – und sie wirft Fragen auf, ob dieser Kurs der richtige ist.

„Die Leitzinssenkungen helfen der Wirtschaft, aber sie werden die strukturellen Probleme, besonders in Deutschland, nicht lösen“, erklärt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes.

Er fordert stattdessen entschlossene politische Maßnahmen, die weit über das Instrument der Zinssenkung hinausgehen. Tatsächlich leidet besonders die deutsche Wirtschaft unter schwachem Wachstum und Investitionszurückhaltung.

Die Inflationsrate im Euroraum sank im September auf 1,7 %, getrieben von niedrigeren Energiepreisen. Doch die Kerninflation bleibt mit 2,7 % weiterhin über dem EZB-Ziel.

Inflationsrückgang als Signal für Zinssenkung

Die aktuelle Zinspolitik der EZB folgt auf eine bemerkenswerte Entwicklung: Die Inflation im Euroraum sank im September auf 1,7 Prozent und fiel damit unter die angestrebte Zielmarke von zwei Prozent. Vor allem in Deutschland, wo die Teuerungsrate lange Zeit ein Problem darstellte, gingen die Preise deutlich zurück, insbesondere bei Energie. Der Rückgang der Inflation verschafft der EZB Luft, um sich vermehrt auf die wirtschaftliche Erholung zu konzentrieren.


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Isabel Schnabel, Direktorin bei der EZB, betonte kürzlich die Wichtigkeit der neuen Entwicklung: „Ein nachhaltiger Rückgang der Inflation macht es wahrscheinlicher, dass wir unser Ziel von zwei Prozent in einer angemessenen Zeit erreichen.“ Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der sich zuvor oft skeptisch gegenüber Zinssenkungen zeigte, unterstützt diese Entscheidung angesichts der schwachen Wirtschaftsdaten.

Kredite werden günstiger, Sparer müssen sich auf Verluste einstellen

Für Unternehmen und Verbraucher bieten niedrigere Zinsen einen Vorteil: Kredite werden günstiger, was Investitionen und Konsumausgaben ankurbeln kann. Unternehmen können sich einfacher finanzieren, und Privatpersonen könnten von günstigeren Konditionen bei Hypotheken profitieren.

Doch es gibt auch eine Kehrseite: Für Sparer bedeutet die erneute Zinssenkung, dass ihre Erträge auf Bankeinlagen und in Lebensversicherungen weiter sinken. Besonders in Deutschland, wo traditionell viel gespart wird, könnte das zu Unmut führen.

„Die niedrigen Zinsen werden die Sparer weiter belasten“, warnt ein Analyst. „Besonders Lebensversicherungen könnten durch die anhaltend niedrigen Renditen an Attraktivität verlieren.“

Bereits jetzt suchen viele Deutsche nach Alternativen, um ihr Geld anzulegen. Allerdings bleibt der Immobilienmarkt angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit weiterhin riskant.

Wachstum bleibt hinter den Erwartungen zurück

Trotz der Maßnahmen der EZB bleibt die konjunkturelle Erholung schleppend. Im Jahr 2024 erwartet die Notenbank ein Wachstum von gerade einmal 0,8 Prozent für den Euroraum – etwas weniger, als im Sommer prognostiziert. Besonders die schwache deutsche Wirtschaft dämpft die Wachstumsprognosen für die gesamte Region. Erst in den kommenden Jahren, so die Einschätzungen der EZB, könnte die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnen.

Mit nur 0,8 % erwartetem Wachstum in 2024 bleibt die Eurozone hinter den Prognosen zurück. Besonders Deutschland fungiert als Bremsklotz für die wirtschaftliche Erholung.

„Wir dürfen die Wachstumsabschwächung nicht ignorieren“, so Schnabel. Die europäische Wirtschaft bleibt besonders anfällig, und obwohl die Inflationsgefahr zurückgeht, stehen noch immer große Herausforderungen an. Die Kerninflation, die ohne volatile Preise wie Energie und Nahrungsmittel berechnet wird, liegt nach wie vor bei 2,7 Prozent. Damit bleibt die Gefahr, dass die Inflation mittelfristig wieder anzieht.

Langfristige Risiken bleiben

Trotz der aktuellen Erfolge im Kampf gegen die Inflation bleibt die Kernfrage: Kann die EZB die wirtschaftliche Stabilität langfristig sichern? Einige Ökonomen warnen davor, dass zu häufige Zinssenkungen langfristig zu Instabilität führen könnten. „Wir haben zwar die Teuerung unter Kontrolle gebracht, aber wir sollten nicht vergessen, dass die strukturellen Probleme in der Eurozone weiterhin bestehen“, erklärt ein Finanzexperte.

Ein großes Risiko besteht darin, dass die Inflation nach einem weiteren Anstieg der Energiepreise oder einer plötzlichen wirtschaftlichen Verschlechterung erneut aufflammt. Diese Unsicherheiten sind schwer vorhersehbar, und die EZB steht weiterhin unter Druck, flexible Lösungen zu finden.