26. April, 2025

Märkte

Wie Urban Sports Club den Fitnessmarkt kontrolliert

Studios kämpfen um Autonomie, Plattformen sichern sich die Marge: Warum das Plattformmodell bald zur Zwangsjacke wird – für Betreiber wie für Kunden.

Wie Urban Sports Club den Fitnessmarkt kontrolliert
„Check-in, Cash-out“ – Während Kundinnen per QR-Code in Berliner Studios einchecken, bleibt für viele Betreiber nach Abzug der Plattformprovisionen kaum etwas übrig.

Wer heute ein Yogastudio in einer deutschen Großstadt betritt, sieht ihn meist schon an der Tür: den weißen Zettel mit dem QR-Code. Ein Scan genügt, und die App-Nutzer von Urban Sports Club, Wellpass oder Classpass sind eingecheckt.

Für sie ein bequemer Zugang zur sportlichen Vielfalt der Stadt. Für viele Studiobetreiber eine stille Kapitulation. Denn der Boom der Fitnessplattformen bedeutet für sie vor allem eines: wirtschaftliche Abhängigkeit.

Die App, die die Branche aufmischt

Mehr als 70 Prozent aller Fitnessanlagen in Deutschland kooperieren inzwischen mit mindestens einer Plattform. Urban Sports Club, mit rund 7000 Partnerstudios Marktführer, hat sich in weniger als zehn Jahren von einem Start-up zum dominanten Marktfaktor entwickelt.

Seit der Übernahme durch die US-Plattform Wellhub im Frühjahr 2025 ist klar: Die Machtverhältnisse im Fitnessmarkt verschieben sich weiter zu Gunsten der Aggregatoren.

Besonders betroffen: unabhängige Studios. Betreiberin Alina Schmidt erzählt, dass 99 Prozent ihrer Kurse von USC-Nutzern gebucht werden. „Eine Kündigung der Kooperation wäre faktisch eine Existenzaufgabe.“ Der Grund: Sichtbarkeit und Reichweite – die zentrale Währung im digitalen Plattformkapitalismus – liegen in der Hand der App.

Voller Kurs, halber Lohn

Studiobetreiber erhalten nur dann Geld, wenn Kunden tatsächlich erscheinen. Bei kurzfristigen Absagen kassiert allein Urban Sports. Die Provisionen sind hoch, der Handlungsspielraum gering. Gleichzeitig gibt es für kleine Anbieter kaum direkte Ansprechpartner, Vertragsverhandlungen ziehen sich oft über Monate.

Für Großkonzerne wie McFit oder Holmes Place gelten andere Regeln. Sie erhalten zum Teil Millionen-Vorauszahlungen. Die Plattform braucht sie als Aushängeschild. Kleine Anbieter dagegen erhalten Volumenrabatte – allerdings nicht auf ihre Kosten, sondern zu ihren Lasten.

Markt, Monopol, Macht

Der eigentliche Sprengstoff liegt in der Struktur: Plattformen wie USC haben sich zwischen Anbieter und Kunde geschoben. Ihnen gehören die Daten, der Zugang, das Pricing. Für die Studios bleibt die Rolle des reinen Leistungserbringers – ohne nennenswerte Mitsprache.

Firmenfitness-Angebote stärken Plattformen, doch kleine Studios verlieren Kundenbindung und wirtschaftliche Unabhängigkeit.

Mit der Marktkonzentration droht nun die zweite Eskalationsstufe: Preiserhöhungen für Kunden, Margenkürzungen für Studios. Der Sport wird nicht billiger, nur das Geschäftsmodell effizienter – für die Plattform.

Flucht nach vorn oder ins System?

Einige Studios, wie Xtrafit, wehren sich noch. Andere planen Wachstum auf Teufel komm raus, um durch Masse Skaleneffekte zu heben. Doch beide Strategien haben ihre Tücken. Das echte Risiko bleibt: Wer den Aggregator füttert, schafft sein eigenes Gefängnis.

Was fehlt, ist eine faire Plattformökonomie, die Studios und Nutzern gleichermaßen dient. Denn was als Sport-Flatrate begann, entwickelt sich zunehmend zur Marktverzerrung – mit fragwürdigen Gewinnern.