Vor dem Hintergrund einer sich langsam erholenden, aber weiterhin unberechenbaren Wirtschaftslage hat Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB), klargestellt, dass die Bank weiterhin einen vorsichtigen, aber entschlossenen Kurs steuern wird.
In einer jüngsten Rede am Kiel Institut für Weltwirtschaft sprach Schnabel über die Notwendigkeit, ohne festen Zinspfad, aber mit einem wachsamen Auge zu agieren.
Ein flexibler Ansatz in unsicheren Zeiten
"Wir navigieren durch unruhige Gewässer", erklärte Schnabel und zeichnete ein Bild einer EZB, die sich nicht auf Prognosen verlässt, sondern auf das, was die Daten ihr zeigen.
„Unsere Entscheidungen sind kurzfristig und faktenbasiert, um jederzeit angemessen reagieren zu können.“
Die Wirtschaft mag sich auf einem Erholungskurs befinden, doch die letzte Etappe der Inflationsbekämpfung erweist sich als besonders tückisch.
Hartnäckige Inflation und die Sorge um Dienstleistungen
Besonders bei Dienstleistungen wie Tourismus und Gastronomie bleibt die Inflation hartnäckig hoch.
"In diesen Bereichen liegt die Inflation deutlich über unserem Ziel von 2 Prozent", merkte Schnabel an.
Dieses Phänomen steht im Gegensatz zum schnellen Rückgang der Inflationsraten bei Konsumgütern, und wirft ein Schlaglicht auf die sektor-spezifischen Herausforderungen, mit denen die EZB ringt.
Lehren aus der Vergangenheit
Die Angst vor einer Lohn-Preis-Spirale, wie sie in den 1970er Jahren zu beobachten war, wies Schnabel entschieden zurück.
"Die Situation ist heute eine andere", betonte sie.
Die Löhne seien zwar gestiegen, um die Inflationsverluste auszugleichen, aber dies sei parallel zu einem Anstieg der Unternehmensgewinne geschehen – ein deutlicher Unterschied zu den Krisenjahren des letzten Jahrhunderts.
Die EZB hat kürzlich die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt – ein Zug, der seit 2019 nicht mehr vorgenommen wurde. Ab Juli soll auch der Abbau der Anleihebestände, die im Rahmen des PEPP-Programms erworben wurden, beginnen.
Die Schritte zeigen, wie die EZB ihre Strategie an die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen anpasst, stets mit dem Ziel, Inflationserwartungen zu stabilisieren und die Wirtschaft auf Kurs zu halten.
"Wir müssen wachsam bleiben", schloss Schnabel ihre Ausführungen, ein Hinweis darauf, dass die EZB bereit ist, ihre Politik bei Bedarf schnell anzupassen.