31. März, 2025

Wie sich die USA aus Europas Handelskonflikten zurückziehen

Interne US-Regierungsnachrichten offenbaren einen beunruhigenden Kurswechsel: Die Vereinigten Staaten sehen sich nicht mehr in der Pflicht, Europas Handelswege abzusichern.

Wie sich die USA aus Europas Handelskonflikten zurückziehen
Die USA wollen sich künftig auf ihre eigenen Interessen konzentrieren – für Europas Handelsrouten durch das Rote Meer bedeutet das eine drastische strategische Unsicherheit.

Die Nachricht traf Europa unvorbereitet, obwohl sie sich seit Jahren andeutet: In einem internen Gruppenchat auf der verschlüsselten App Signal diskutierten hochrangige US-Regierungsmitglieder über militärische Schritte gegen die Huthi-Miliz im Roten Meer.

Brisant: Ein US-Journalist konnte versehentlich mitlesen. Und was er sah, offenbart nicht nur interne Pläne, sondern vor allem ein düsteres Bild davon, wie die USA Europas Rolle in der Weltpolitik einschätzen.

Vizepräsident J.D. Vance sprach im Chat offen aus, was in sicherheitspolitischen Kreisen bislang nur gemurmelt wurde: "Nur drei Prozent unseres Handels verlaufen über den Suezkanal, aber 40 Prozent des europäischen. Warum sollen wir dann eingreifen?"

Eine rhetorische Frage, die den neuen Isolationismus der USA auf den Punkt bringt. Vance warb dafür, einen Angriff auf die Huthis um einen Monat zu verschieben – aus innenpolitischer Rücksicht.

Noch deutlicher wurde Trumps Verteidigungsminister Pete Hegseth: Er teile Vances "Abscheu über das europäische Schmarotzertum". Diese Worte, ob bewusst überspitzt oder nicht, spiegeln eine Haltung, die Europas Sicherheitspolitik ins Mark treffen dürfte. Die USA scheinen nicht mehr bereit zu sein, für Europas Wohl den Preis zu zahlen.

Ein strategischer Bruch

Für Europa ist diese Entwicklung ein strategischer Erdrutsch. Seit Jahrzehnten war die US-Navy die Schutzmacht für globale Handelsrouten, von der Meerenge Bab al-Mandab bis zur Südchinesischen See.

Jetzt stellt Washington diese Rolle offen in Frage. Der Suezkanal, einst Symbol für den freien Welthandel, wird zur sicherheitspolitischen Bühne für die neue Weltordnung.

Der Suezkanal verbindet Europa mit Asien. Rund 15 Prozent des globalen Warenhandels fließen durch diese Route, bei europäischen Importen aus Asien ist der Anteil noch weit höher.

Seit den Angriffen der Huthi-Miliz auf Frachter Ende 2023 ist das Frachtvolumen dort um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Laut IMF-Portal PortWatch schrumpfte die Zahl der täglich passierenden Schiffe von über 70 auf rund 30.

Europa im sicherheitspolitischen Niemandsland

Für Europa sind die Folgen gravierend: Lieferketten müssen umgestellt, Routen über das Kap der Guten Hoffnung in Kauf genommen werden – mit höheren Kosten und längeren Laufzeiten.

Während die USA sich auf den für sie relevanteren Panamakanal konzentrieren, bleibt Europa zur Sicherung seiner Handelswege zunehmend auf sich allein gestellt.

Die EU hat mit der Marinemission Aspides reagiert, an der sich auch die Bundeswehr beteiligt. Doch das militärische Gewicht Europas reicht nicht aus, um langfristig für stabile Verhältnisse in der Region zu sorgen. Das weiß man auch in Washington. Hegseth brachte es im geleakten Chat auf den Punkt: "Wir sind die Einzigen, die das überhaupt können."

Rückzug mit Ansage

Der Kurswechsel ist kein Zufall. Schon in seiner ersten Amtszeit klagte Donald Trump auf Twitter über den mangelnden Einsatz Europas bei der Sicherung der Handelsrouten.

Jetzt, im Windschatten seiner zweiten Amtszeit, scheint der Bruch manifest. Dass sich Trumps Vizepräsident und Verteidigungsminister öffentlich derart abschätzig über europäische Partner äußern, ist ein diplomatischer Offenbarungseid.

Im gleichen Atemzug machten die US-Vertreter klar, dass die Militärhilfe diesmal noch gewährt werde. Doch es sei "klarzustellen, was wir im Gegenzug erwarten", heißt es im Chat. Was wie eine interne Machtspielerei klingt, könnte bald zur Grundlage für eine neue geopolitische Realität werden: Sicherheit gegen politische Gefolgschaft.

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