26. November, 2024

Wirtschaft

Zölle und Protektionismus: Das Ende des Freihandels?

Die USA und EU setzen zunehmend auf Zölle und Subventionen, um ihre Märkte zu schützen. Doch für Deutschland als Exportnation könnte dieser Weg teuer werden. Welche Risiken birgt der neue Protektionismus?

Zölle und Protektionismus: Das Ende des Freihandels?
Die EU belegt chinesische Elektroautos mit Ausgleichszöllen, um ein Zeichen gegen unfaire Subventionen zu setzen. Für die deutsche Automobilindustrie, die in China produziert und exportiert, sind die Folgen jedoch alles andere als eindeutig.

Strafzölle gegen China: Europa zieht eine rote Linie

Die Europäische Union (EU) macht Ernst: Seit kurzem erhebt sie sogenannte Ausgleichszölle auf Elektrofahrzeuge, die aus China importiert werden. Der Grund?

Chinesische Autobauer profitieren von massiven Subventionen, die ihnen einen preislichen Vorteil auf dem europäischen Markt verschaffen. Ein Schritt, der laut Samina Sultan vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln einer „roten Karte“ gleichkommt – ein klares Signal, dass Europa mit unfairem Wettbewerb nicht einverstanden ist.

Solche Zölle sind nicht neu. Schon oft hat sich die Weltwirtschaft mit zusätzlichen Abgaben auf importierte Waren auseinanderzusetzen. Ob bei Solarmodulen, Halbleitern oder Lebensmitteln – die Liste ist lang.

Das Ziel dahinter ist immer ähnlich: Die heimische Wirtschaft soll geschützt werden, der Handelspartner wird in seine Schranken verwiesen. Doch der Preis für diese Politik wird zunehmend spürbar.

Der Wettkampf um globale Dominanz

Der Ton wird rauer, die globalen Fronten verhärten sich. In den letzten Jahrzehnten hat sich China von der „Werkbank der Welt“ zu einer eigenständigen Wirtschaftsmacht entwickelt und macht den USA in vielen Bereichen Konkurrenz. Unter Donald Trump hat sich das Verhältnis der beiden Supermächte deutlich verschlechtert.

Als Exportnation ist Deutschland auf die USA und China angewiesen. Doch steigender Protektionismus droht, den Handel mit beiden Großmächten zu erschweren und den Zugang zu wichtigen Rohstoffen und Technologien zu gefährden.

Mit seinem Slogan „America First“ verschob der damalige Präsident die Handelslandschaft: Strafzölle, Handelsbarrieren und staatliche Subventionen wurden salonfähig. Die Botschaft: Die USA wollen ihre Vormachtstellung sichern, auch wenn das wirtschaftliche Friktionen bedeutet.

Für Deutschland – Europas stärkste Exportnation – ergibt sich damit ein Dilemma. „Wir sitzen zwischen den Stühlen“, bringt es Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, auf den Punkt.

„Einerseits sind wir auf den Handel mit den USA angewiesen, andererseits brauchen wir wichtige Rohstoffe und Technologien aus China.“

Die Abhängigkeit von beiden Märkten macht Deutschland besonders anfällig für wirtschaftliche Spannungen. Wenn die EU nun mit harten Zöllen gegen China vorgeht, könnte dies langfristig auf die deutsche Wirtschaft zurückfallen.

Steigende Preise und wachsende Unsicherheit

Die wachsende Tendenz zum Protektionismus bleibt nicht ohne Konsequenzen. „Je mehr Zölle erhoben werden, desto teurer werden die Konsumgüter“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.

Die Auswirkungen sind vielschichtig: Waren des täglichen Bedarfs könnten plötzlich nur noch teuer verfügbar sein, während bestimmte Produkte unter Umständen gar nicht mehr auf den heimischen Markt gelangen.

Die „Schleichende Erosion des Wohlstands“ nennen Ökonomen diese Entwicklung – es geht nicht um dramatische Abstürze, sondern um eine allmähliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lebensqualität.

Besonders hart trifft es die deutsche Industrie. Elektrofahrzeuge, die in China produziert und nach Europa exportiert werden, sehen sich nun durch hohe Abgaben belastet.

Mit Zöllen und Subventionen brechen die USA und die EU mit jahrzehntelangem Freihandel. Experten sehen in dieser Entwicklung den Anfang vom Ende des freien globalen Markts.

Für deutsche Autobauer, die große Teile ihrer Produktion in China fertigen, ist das ein Nachteil: Sie müssen diese Fahrzeuge auf dem chinesischen Markt verkaufen und gleichzeitig steigende Exportkosten für andere Märkte tragen.

Ebenso sind Maschinenbauer, Chemieunternehmen und viele deutsche Mittelständler von den neuen wirtschaftlichen Barrieren betroffen.

Kritische Abhängigkeiten und der Preis des Protektionismus

„Wir brauchen eine faire und offene Weltwirtschaft – Protektionismus schadet langfristig allen“, so die Mahnung vieler Ökonomen. Tatsächlich geht es um eine Balance, die immer schwieriger zu halten ist. Deutschland ist auf Rohstoffe, etwa seltene Erden, aus China angewiesen, und auf Schlüsseltechnologien wie Photovoltaik-Anlagen.

Diese Abhängigkeit steht im Konflikt mit der wachsenden protektionistischen Haltung westlicher Staaten. Sollten die Handelsbarrieren weiter steigen, könnte dies die Versorgungssicherheit Deutschlands gefährden und Innovationsprozesse verzögern.

Auch die USA sind für Deutschland ein unverzichtbarer Partner. Der Zugang zum amerikanischen Markt ist für viele Branchen, vom Automobilbau bis zur Pharmaindustrie, existenziell. Doch der nationale Kurs der USA könnte jederzeit durch zusätzliche Handelsbarrieren oder neue Zölle verschärft werden, was für die deutsche Wirtschaft deutliche Verluste bedeuten würde.


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Kommt das Ende des Freihandels?

Für viele Experten ist das Szenario einer globalen Wirtschaft, in der Handelsschranken die Ausnahme und nicht die Regel sind, längst Geschichte. Der „freie Markt“ existiert in dieser Form kaum noch.

Stattdessen sehen wir eine Rückkehr zur staatlichen Steuerung – die Märkte werden zunehmend durch Zölle, Abgaben und Vorschriften reguliert. Die Frage, die sich viele stellen, ist: Ist das der neue Status quo?

Diese Entwicklung birgt auch politische Risiken. Das „Wettrüsten“ in Form von Zöllen könnte die geopolitischen Spannungen weiter anheizen. Statt eines offenen Austauschs und einer friedlichen Zusammenarbeit könnte sich die Weltwirtschaft in abgeschottete Blöcke verwandeln, in denen jede Region um ihren Vorteil kämpft. Und Deutschland, das traditionell als Exportnation von globalem Austausch lebt, würde zu den Hauptleidtragenden zählen.