09. März, 2025

Startups & VC

IDnow-Übernahme: München feiert einen der größten Fintech-Exits

Während die Fintech-Branche unter der Funding-Flaute leidet, gelingt dem Münchner Identitätsanbieter IDnow ein spektakulärer Exit – für eine Bewertung von rund 300 Millionen Dollar.

IDnow-Übernahme: München feiert einen der größten Fintech-Exits
IDnow-Exit in turbulenten Zeiten: Während viele Fintechs unter sinkenden Bewertungen leiden, erzielt IDnow mit einer Firmenbewertung von 300 Millionen Dollar einen der größten Exits der letzten Jahre.

Vom Start-up zum Milliardenmarkt

Vor über zehn Jahren starteten die IDnow-Gründer mit einer klaren Vision: sichere und schnelle Identitätsprüfung für den digitalen Finanzmarkt. Nun haben sie eines der erfolgreichsten deutschen Fintech-Exits der vergangenen Jahre realisiert.

IDnow Announces Strategic Majority Investment from Corsair Capital
Investment unlocks the next stage of growth and innovation for digital identity leader in Europe.

Der Private-Equity-Investor Corsair, der bereits seit 2019 Anteile an IDnow hält, übernimmt das Unternehmen vollständig – und zahlt dafür einen hohen Preis. Insider sprechen von einer Bewertung um die 300 Millionen Dollar, dazu kommt eine erfolgsabhängige Zusatzzahlung in zweistelliger Millionenhöhe.

Es ist ein seltener Erfolg in einer Phase, in der viele Fintechs mit sinkenden Bewertungen kämpfen. 2024 verkaufte Axel Springer seinen Neobroker Finanzen.net für 400 Millionen Euro – sonst blieben große Exits in der Branche Mangelware.

Ein Exit mit vielen Wendungen

Die Übernahme kommt nicht überraschend, wohl aber die Entwicklung dahinter. Corsair hatte eigentlich schon 2022 versucht, IDnow zu verkaufen. Damals wollte man noch rund 900 Millionen Dollar erzielen – doch der Deal platzte.

Inzwischen hat sich der Markt drastisch verändert: Fintech-Investments sind eingebrochen, Bewertungen gefallen. Nun übernimmt Corsair selbst, und das zu einem deutlich günstigeren Preis als ursprünglich erhofft.

IDnow hat sich in den vergangenen Jahren aggressiv am Markt positioniert. Neben der Expansion in Europa durch Zukäufe, wie etwa den französischen Identitätsdienstleister Ariadnext, übernahm das Unternehmen auch Teile des einstigen Wirecard-Konzerns. Ziel war es, eine führende europäische Plattform für digitale Identitäten aufzubauen.

Kurswechsel bei Corsair: Der Private-Equity-Investor wollte IDnow ursprünglich verkaufen – nun übernimmt er selbst und zahlt deutlich weniger als die angestrebten 900 Millionen Dollar aus dem Jahr 2022.

Video-Ident: Geschäftsmodell im Wandel

Ursprünglich wurde IDnow vor allem für sein Video-Ident-Verfahren bekannt, das Banken und Finanzdienstleister in Deutschland zur Kundenverifizierung nutzen.

Doch dieses Modell verliert zunehmend an Bedeutung. In vielen Ländern sind inzwischen automatisierte Identitätsprüfungen per KI und Foto-Ident Standard. Heute stammt weniger als die Hälfte des IDnow-Umsatzes aus dem klassischen Video-Ident-Geschäft.

Mit der Übernahme durch Corsair wird sich dieser Trend voraussichtlich noch verstärken. Die Private-Equity-Firma setzt auf eine stärkere Automatisierung und KI-gestützte Lösungen, um die Skalierbarkeit von IDnow weiter zu erhöhen.

Was kommt als Nächstes?

IDnow beschäftigt aktuell rund 500 Mitarbeiter und wird von CEO Andreas Bodczek geleitet. Zwei der ursprünglichen Gründer sind noch aktiv, während Mitgründer Felix Haas als Investor und Aufsichtsratsvorsitzender beteiligt bleibt. Haas ist in der Start-up-Szene bekannt – unter anderem als Mitorganisator der Konferenz „Bits & Pretzels“.

Nicht ausgeschlossen, dass die IDnow-Gründer schon an ihrer nächsten Idee arbeiten. Schließlich war es bereits ihr zweiter erfolgreicher Exit – zuvor hatten sie ihre Ticket-Plattform Amiando an Xing verkauft. Ob die dritte Gründung folgt, bleibt offen. Doch eines steht fest: IDnow hat in schwierigen Zeiten einen der größten Fintech-Deals Europas realisiert.

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