Es war ein ambitioniertes Projekt, das viele Hoffnungen geweckt hat: Ein staatlich gefördertes Altersvorsorgedepot, das Privatanlegern den Zugang zu renditestarken Investments in Aktien und ETFs ermöglichen sollte.
Doch das Ende der Ampel-Koalition gefährdet das Projekt – und lässt Anleger, Neobroker und Branchenvertreter ratlos zurück.
Die geplante Förderung, bei der der Staat pro eingezahltem Euro 20 Cent zuschießt, könnte vorerst nicht kommen. Für die Finanzbranche wäre das eine Tragödie.
Was das Altersvorsorgedepot bringen sollte
Das Altersvorsorgedepot war als Antwort auf die Schwächen der bisherigen Rentenangebote wie die Riester-Rente gedacht. Mit günstigen, flexiblen Investmentmöglichkeiten wollte die Ampel-Koalition der stagnierenden Aktienkultur in Deutschland einen Schub verleihen.
Insbesondere jungen Menschen, Geringverdienern und Familien sollte das Depot den Weg zu einer stabilen Altersvorsorge ebnen.
Ziel war es, die private Altersvorsorge langfristig zu stärken und auf den Kapitalmarkt auszurichten – eine Strategie, die in Ländern wie Schweden und den USA längst gängige Praxis ist.
Von der Hoffnung zum Wahlkampfthema
Doch der Bruch der Koalition hat das Projekt abrupt gestoppt.
„Mit Lindners Abgang ist das Altersvorsorgedepot erstmal vom Tisch“, so Christian Röhl, Chefvolkswirt bei Scalable Capital.
Auch bei Smartbroker zeigt man sich enttäuscht. Geschäftsführer Thomas Soltau, der das Projekt eng begleitet hat, bezeichnet das Depot als „tragischen Fall“.
Ein neuer Finanzminister aus der SPD könnte dem Projekt eine neue Richtung geben – doch ob und wann es auf die politische Agenda zurückkehrt, bleibt unklar.
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Ein Systemwechsel für die Rente?
In der Branche herrscht breite Zustimmung für die Idee des Altersvorsorgedepots. Thomas Richter vom Fondsverband BVI bezeichnet die Initiative als „richtungsweisend für eine renditestarke Altersvorsorge“.
Doch Kritiker bemängeln, dass die erste Version des Projekts zu bürokratisch und kompliziert sei. Ein Neustart unter veränderten Bedingungen könnte daher sogar eine Chance für eine optimierte Neuauflage sein – mit weniger Bürokratie und klaren Kostengrenzen.
„Wir brauchen eine Lösung, die Anleger wirklich unterstützt“, betont Thomas Richter. Das derzeitige Rentensystem sei langfristig nicht tragfähig, und eine Alternative, die mehr Deutsche an den Kapitalmarkt bringt, sei überfällig. Doch mit dem politischen Stillstand droht die Umsetzung erneut zu scheitern.
Alternativen für Anleger: ETF-Sparpläne statt Staatshilfen?
Falls das Altersvorsorgedepot nicht verabschiedet wird, sehen Experten einfache Alternativen. „Ein Depot eröffnen und in ETFs investieren – das kann jeder machen“, rät Christian Röhl von Scalable Capital.
Der Rat ist pragmatisch: Wer frühzeitig in kostengünstige ETF-Sparpläne investiert, profitiert langfristig vom Zinseszinseffekt und dem Wachstum der Kapitalmärkte. „Auf den Staat zu warten, bringt nichts“, so Röhl weiter.
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Für viele Sparer bleibt jedoch die Unsicherheit. „Gerade für Menschen mit geringem Einkommen, die auf Unterstützung angewiesen sind, wäre das Altersvorsorgedepot eine große Hilfe gewesen“, betont Soltau.
Die Idee, staatliche Zuschüsse gezielt in Kapitalmarktprodukte zu lenken, habe das Potenzial, das Vertrauen in die private Altersvorsorge wieder zu stärken.
Altersvorsorge in Deutschland: Ein Projekt mit Zukunft?
Während die Diskussion um das Altersvorsorgedepot weitergeht, zeigt sich ein parteiübergreifender Konsens: Eine Reform der Altersvorsorge ist dringend nötig. Die alternde Bevölkerung belastet das Rentensystem, und die Zahl derer, die auf private Vorsorge setzen, bleibt niedrig.
Ein Neustart könnte jedoch genau das bieten, was sich viele erhoffen: Eine flexiblere, renditestarke Alternative zur Riester-Rente.