Die Grünen stecken tief in der Patsche. Vorstand zurückgetreten, Wahlen verloren, die Jugendorganisation rebelliert, und die Parteiaustritte häufen sich. Ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl sieht es düster aus.
Und trotzdem – oder gerade deshalb – zeigt sich die grüne Basis erstaunlich entspannt. Statt in Panik zu verfallen, setzen sie auf einen Neustart mit neuer Parteispitze. Und das wichtigste Thema dabei? Natürlich der Klimaschutz.
„Wir sind kein ‚Wokeness‘-Verein oder eine linksextreme Bewegung“, sagt Ryyan Alshebl, grüner Bürgermeister der Gemeinde Ostelsheim, und trifft damit einen Nerv.
Die Grünen an der Basis haben keine Lust auf ideologische Grabenkämpfe. Sie wollen zurück zu ihren Wurzeln: Klimaschutz, Energiewende und soziale Gerechtigkeit. Das ist die Linie, auf die sich viele grüne Kommunalpolitiker verständigen – und das, was sie von der neuen Parteiführung erwarten.
Klimaschutz statt Identitätspolitik
„Wir haben keine Zeit für linke Spielchen“, sagt Stefan Fassbinder, Oberbürgermeister von Greifswald, ganz direkt. Auch er fordert, dass die Partei wieder das in den Mittelpunkt stellt, was sie groß gemacht hat: die konsequente Bekämpfung des Klimawandels.
Die Austrittswelle bei der Grünen Jugend? Fassbinder winkt ab: „Bedauerlich, aber nicht weiter tragisch.“
Während in Berlin noch um die richtige Strategie gestritten wird, sind die grünen Bürgermeister und Landräte in den Kommunen längst weiter. Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller bringt es auf den Punkt: „Die Energiewende ist der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit dieses Landes.“
Für Schoeller ist klar, dass die Partei sich deutlicher von den „rückwärtsgewandten Parteien“ abheben muss, die nach wie vor auf fossile Energien setzen. Dabei mahnt er aber an, realistisch zu bleiben: „Es geht darum, wie viel die Menschen wirklich leisten können.“
Neue Führung, neue Hoffnung
Die Hoffnung der Grünen liegt auf den Schultern von Franziska Brantner und Felix Banaszak, die sich für den Parteivorsitz bewerben. „Wir wollen diesen Neustart gestalten“, sagt Brantner selbstbewusst.
Für die Kommunalpolitiker klingen diese Worte wie Musik in den Ohren. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank freut sich auf die beiden: „Ich traue ihnen zu, uns neu und besser aufzustellen.“ Auch Robert Habeck bleibt als Zugpferd gesetzt – doch Fegebank macht klar: „Es darf keine One-Man-Show werden.“
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Migration: Ein heikles Thema
Während die Grünen-Fraktion auf ihrem „Zukunftskongress“ die Migrationsfrage dezent umschiffte, sehen viele an der Basis hier großen Handlungsbedarf. Stefan Fassbinder fordert ein Konzept für „geregelte Zuwanderung in großem Umfang“.
Die Arbeitskräftemangel in Bereichen wie Pflege und Bau sei ohne Migration nicht zu lösen. Und Ryyan Alshebl, der selbst aus Syrien geflüchtet ist und heute Bürgermeister ist, bringt es drastisch auf den Punkt: „Das Mittelmeer ist längst zu einem Massengrab geworden.“
Back to the Roots
Für die Grünen in den Kommunen ist die Sache klar: Es muss zurück zu den Wurzeln gehen. Weg von ideologischem Gezänk, hin zu den Kernthemen. Klimaschutz, Energiewende, soziale Gerechtigkeit – und ja, auch ein klarer Kurs in der Migrationspolitik.
Die neue Parteiführung steht in den Startlöchern. Jetzt bleibt abzuwarten, ob Brantner und Banaszak die Erwartungen der Basis erfüllen können. Der nächste Wahlkampf wird zeigen, ob die Grünen das Ruder herumreißen können.