18. Dezember, 2024

Wirtschaft

Rohstoffmangel bedroht Deutschlands Schlüsselindustrien

Eine neue Studie zeigt, wie kritisch die Versorgungslage bei Spezialmetallen ist. Ganze Branchen stehen vor enormen Herausforderungen – von Solar- und Windkraft bis zur Chip-Produktion.

Rohstoffmangel bedroht Deutschlands Schlüsselindustrien
Rohstoffe wie Lithium und Kobalt sind unverzichtbar für Batterien und Elektromobilität – doch die Abhängigkeit von China wächst.

Die deutsche Industrie steht unter Druck: Eine aktuelle Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) offenbart alarmierende Zahlen zur Versorgung mit kritischen Rohstoffen.

Rohstoffversorgung ist ein zentrales Element der Zukunftssicherung.
Beim vbw Kongress werden Wege für eine sichere Rohstoffversorgung erörtert und wir stellen unsere aktuelle Studie zur Rohstoffsituation der bayerischen Wirtschaft vor.

Bei 28 von 45 analysierten Metallen und Mineralien ist die Lage inzwischen prekär. Betroffen sind essenzielle Elemente wie Yttrium, Zirkon oder Tantal, ohne die zentrale Technologien der Energiewende und Digitalisierung nicht denkbar wären.

Warum der Rohstoffmangel zum Problem wird

Der „Rohstoff-Risiko-Index“ des Instituts IW Consult verdeutlicht, dass die Risiken nicht nur steigen, sondern sich auch zunehmend auf zentrale Wertschöpfungsketten auswirken. Seit 2015 hat sich die Zahl der als kritisch eingestuften Rohstoffe um zwölf erhöht – ein dramatischer Anstieg.

Vor allem politische Exportbeschränkungen und die Marktdominanz weniger Länder erschweren den Zugang. Viele Rohstoffe sind zudem kaum substituierbar, was ihre strategische Bedeutung noch erhöht. „Der Engpass bei zentralen Materialien kann ganze Industrien ins Stocken bringen“, warnt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw.

Die Zahl der als kritisch eingestuften Rohstoffe ist seit 2015 um 75 Prozent gestiegen – ein Warnsignal für die deutsche Wirtschaft.

Die drei Spitzenreiter der Knappheit

Die Studie benennt klare Problembereiche:

  1. Zinn: Mit einem Indexwert von 20,8 führt Zinn die Liste der kritischsten Rohstoffe an. Das Metall ist unverzichtbar für die Elektronikproduktion, insbesondere bei der Herstellung von Leiterplatten.
  2. Gallium: Dieses Metall wird in der Optik und für Halbleiter benötigt. Sein Risikoindex liegt bei 19,9 und spiegelt sowohl steigende Preise als auch geopolitische Unsicherheiten wider.
  3. Indium: Der Indexwert von 19,8 markiert einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Indium wird vor allem für Flachbildschirme und Solarmodule verwendet.

Besonders Indium zeigt, wie die Anforderungen der Zukunftstechnologien die Marktsituation verschärfen. Seine geringe Verfügbarkeit und steigende Nachfrage machen das Metall zu einem zentralen Risikofaktor für die Elektronik- und Solarbranche.

Rohstoffknappheit trifft die Energiewende

Die Herausforderungen betreffen nicht nur klassische Industrien wie den Automobilbau, sondern auch zentrale Zukunftsbranchen. Windkraft-, Solar- und Batterietechnologien stehen vor einem doppelten Problem: steigendem Rohstoffbedarf und sinkender Verfügbarkeit.

Lithium, Kobalt, Nickel und Seltene Erden sind entscheidend für die Produktion von Batterien und Elektromotoren. Gleichzeitig dominieren Länder wie China und die Demokratische Republik Kongo den Markt, was die Abhängigkeit Deutschlands massiv erhöht.

„Die Rohstoffknappheit ist ein strukturelles Problem, das nicht allein durch Recycling oder Ersatzstoffe gelöst werden kann“, betonen die Studienautoren.

Wie Unternehmen reagieren

Angesichts der Risiken setzen viele Unternehmen auf langfristige Lieferverträge und die Suche nach Alternativen. Recycling gewinnt an Bedeutung, doch auch hier gibt es Grenzen. „Die Wiederaufbereitung von Materialien ist oft technisch komplex und kostenintensiv“, sagt Brossardt.


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Einige Unternehmen investieren zudem in eigene Rohstoffprojekte oder Kooperationen mit rohstoffreichen Ländern. Doch diese Ansätze reichen nicht aus, um die steigende Nachfrage zu decken.

Staatliches Handeln gefordert

Während die Hauptverantwortung bei den Unternehmen liegt, fordern Experten verstärkt politische Unterstützung. Besonders Exportbeschränkungen, wie sie etwa China zunehmend nutzt, machen ein koordiniertes Vorgehen auf europäischer Ebene notwendig.

„Offene Rohstoffmärkte und gute Handelsbeziehungen sind essenziell für die Sicherung der Versorgung“, betont die vbw. Gleichzeitig könnte die EU verstärkt auf staatliche Lagerhaltung und strategische Reserven setzen, um kurzfristige Engpässe abzufedern.