Die Krise trifft den Herzschlag der Automobilbranche mit voller Wucht: die Zulieferer. Während Autobauer mit schwachen Absatzzahlen und niedriger Werksauslastung kämpfen, sind die Auswirkungen für ihre Lieferanten oft existenziell.
Bosch, Continental und ZF kündigen massive Stellenstreichungen an, kleinere Unternehmen rutschen reihenweise in die Insolvenz – und ein Ende der Abwärtsspirale ist nicht in Sicht.
Wie die Autobranche ihre Zulieferer mitreißt
In Deutschland sind rund 270.000 Menschen bei Automobilzulieferern beschäftigt – fast ein Drittel der gesamten Branche. Doch 2024 war ein Jahr, das für viele Unternehmen zum Überlebenskampf wurde.
Bosch kündigte an, weltweit 5500 Stellen zu streichen, darunter 3800 in Deutschland. ZF Friedrichshafen, einer der größten deutschen Zulieferer, plant, bis zu 25 Prozent seiner inländischen Belegschaft abzubauen. Continental und Schaeffler ziehen nach, Brose will bis 2025 fast 1000 Stellen weltweit streichen.
Hinter diesen dramatischen Zahlen stehen vor allem strukturelle Probleme. Die Nachfrage nach Elektroautos wächst langsamer als erwartet, während gleichzeitig enorme Investitionen in neue Technologien die Finanzkraft der Unternehmen belasten. Hinzu kommen hohe Energiekosten, eine unklare Regulierung und die gestiegenen Zinsen, die die Finanzierung von Projekten verteuern.
Insolvenzen auf Rekordniveau
Die Insolvenzen namhafter Zulieferer sind ein weiteres Symptom der Krise. Zu den prominenten Fällen zählen 2024 der Kunststoffteile-Spezialist Gerhardi, der Zierleistenhersteller WKW und der Aluminium-Druckgussproduzent AE Group.
Selbst Traditionsunternehmen wie Recaro konnten der Insolvenz nicht entgehen. Laut einer Analyse der Sanierungsberatung Falkensteg entfielen im vergangenen Jahr etwa 16 Prozent aller Großinsolvenzen in Deutschland auf die Automobilzulieferindustrie – mehr als jede andere Branche.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen kämpfen viele Unternehmen mit Überkapazitäten, da die Autobauer ihre Bestellungen drastisch zurückfahren. Zum anderen geraten kleinere Zulieferer mit weniger als fünf Milliarden Euro Jahresumsatz besonders durch steigende Finanzierungskosten unter Druck.
„2025 könnte für Zulieferer ähnlich existenzkritisch wie die Pandemie-Krise werden“, warnen Experten der Auto-Unternehmensberatung Berylls.
Warum E-Mobilität nicht die Rettung ist
Die Elektromobilität galt lange als Hoffnungsträger der Branche. Doch auch hier zeigt sich, dass der Übergang zur neuen Technologie für viele Zulieferer mehr Last als Chance bedeutet.
Die Preise für Hochvolt-Komponenten, die in E-Fahrzeugen verbaut werden, stehen unter massivem Druck, da Autobauer zunehmend Rabatte anbieten müssen, um die Nachfrage anzukurbeln und verschärfte EU-CO₂-Vorgaben zu erfüllen.
Eine Analyse der Top-25-Zulieferer (ohne Bosch und ZF) zeigt: Die operative Marge sank von 5,9 Prozent im Jahr 2023 auf nur noch 5,5 Prozent im Vorjahr. Experten prognostizieren, dass diese Margen 2025 weiter schrumpfen könnten, da die „Kostenspirale für Zulieferer“ ihren Höhepunkt erreicht.
Was bedeutet das für die Zukunft der Branche?
Die Zukunft für die Zuliefererbranche bleibt düster. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für 2025 lassen wenig Spielraum für Optimismus. Während die großen Player wie Bosch und ZF durch ihre Diversifikation und Größe stabiler wirken, sind es vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die ums Überleben kämpfen. Bereits jetzt warnen Branchenbeobachter vor einer Insolvenzwelle, die die Zulieferlandschaft nachhaltig verändern könnte.
Was Autobauer und Politik jetzt tun müssen
Die Krise der Zulieferer wirft auch ein Schlaglicht auf die Rolle der Autobauer und der Politik. Während große Hersteller immer noch von staatlichen Subventionen für E-Autos profitieren, fehlt es vielen Zulieferern an gezielter Unterstützung. Auch die Autobauer selbst stehen in der Verantwortung: Faire Preisverhandlungen und langfristige Abnahmeverträge könnten den kleineren Zulieferern Luft zum Atmen verschaffen.
„Die Autobranche muss sich bewusst machen, dass sie ohne ihre Zulieferer nicht existieren kann“, mahnt ein Branchenexperte. „Es braucht mehr Zusammenarbeit und weniger Druck in der Lieferkette.“