22. November, 2024

Unternehmen

Alarmstufe Rot: Insolvenzwelle in der deutschen Wirtschaft?

Mit einem Anstieg von 37% bei Großinsolvenzen sieht Deutschland einer beispiellosen Krise entgegen, die besonders das Baugewerbe und den Einzelhandel trifft.

Alarmstufe Rot: Insolvenzwelle in der deutschen Wirtschaft?
Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnet Deutschland eine Zunahme von 37% bei Großinsolvenzen, die höchste Rate seit 2015, was die Stabilität der nationalen Wirtschaft gefährdet.

Die deutsche Wirtschaft steht vor einem Sturm. Die neuesten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Insolvenzen großer Unternehmen haben im ersten Halbjahr 2024 um dramatische 37 Prozent zugenommen, ein Niveau, das seit 2015 nicht mehr erreicht wurde.

Beantragte Regelinsolvenzen im August 2024: +10,7 % zum Vorjahresmonat
Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im August 2024 um 10,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Mit Ausnahme des Juni 2024 (+6,3 %) liegt die Zuwachsrate damit seit Juni 2023 im zweistelligen Bereich. Bei den Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass die Anträge erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.

Diese Entwicklung signalisiert weit mehr als nur einzelne wirtschaftliche Fehlschläge; sie kündigt eine tiefergehende Krise an, die sich durch alle Branchen ziehen könnte.

Dominoeffekt großer Insolvenzen

Die Großinsolvenzen bringen nicht nur die betroffenen Unternehmen in Bedrängnis; sie lösen eine Kettenreaktion aus, die ganze Lieferketten und damit verbundene kleinere Unternehmen mit in den Abgrund ziehen kann.

„Große Insolvenzen haben oft einen Dominoeffekt auf viele Unternehmen in der gesamten Lieferkette“, warnt Milo Bogaerts, der Deutschland-Chef von Allianz Trade.

Der Schaden ist immens: Allein der kumulierte Umsatz der insolventen Großunternehmen betrug im ersten Halbjahr 11,6 Milliarden Euro.

Branchen in der Krise

Besonders betroffen sind das Baugewerbe und der Einzelhandel, insbesondere Anbieter von Mode und Textilien. Aber auch der Dienstleistungssektor und die Möbelindustrie spüren den Druck.

„Schwache Nachfrage bei der E-Mobilität einerseits und bevorstehendes Aus des Verbrenners andererseits: In diesem Spannungsfeld werden Insolvenzen immer wahrscheinlicher.“

Die Ursachen sind vielfältig und reichen von nicht zurückgezahlten Corona-Darlehen bis hin zu abhängigen Beziehungen von Großkunden, die plötzlich wegfallen.

Wirtschaftliche Großwetterlage

Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland ist auf einem Tiefpunkt, beeinflusst von hohen Energiepreisen, einem globalen Nachfrageeinbruch und steigenden Arbeitskosten.

Besonders hart trifft es das Baugewerbe und den Einzelhandel, wo Großinsolvenzen nicht nur Arbeitsplätze gefährden, sondern auch umfangreiche wirtschaftliche Schäden verursachen.

Jürgen Matthes, Leiter der internationalen Wirtschaftspolitik am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, sieht zudem internationale Risikofaktoren wie instabile Lieferketten und geopolitische Unsicherheiten als zusätzliche Belastung.

Prognose und Ausblick

Für das Jahr 2024 erwartet Allianz Trade einen weiteren Anstieg der Insolvenzzahlen um 21 Prozent. Diese Entwicklung könnte sich erst im kommenden Jahr stabilisieren, allerdings ohne einen Rückgang der Zahlen, sondern lediglich durch einen verlangsamten Anstieg.