Die deutsche Autozulieferindustrie steht vor einer Welle verschobener oder ganz gestrichener Investitionen. Laut einer aktuellen Umfrage des Verbands der Automobilindustrie (VDA) wollen drei von vier Unternehmen geplante Ausgaben reduzieren, verlagern oder vollständig auf Eis legen.
Damit setzt sich ein bedrohlicher Trend fort: Bereits im Oktober 2024 zeigte sich eine Zurückhaltung bei Investitionen – jetzt ist der Anteil der skeptischen Unternehmen um weitere sechs Prozentpunkte gestiegen.
Industrie unter Druck: Hohe Kosten, schwache Nachfrage
Besonders alarmierend: 30 Prozent der befragten Unternehmen erwägen, Investitionen ins Ausland zu verlagern. Grund dafür sind mehrere Faktoren. An erster Stelle stehen die hohen Arbeitskosten, die fast 60 Prozent der Unternehmen als Belastung anführen.
Doch auch die nach wie vor hohen Energiepreise setzen der Branche zu. Während sich die Strom- und Gaspreise nach dem Krisenjahr 2022 teilweise stabilisiert haben, sind sie im internationalen Vergleich immer noch hoch – ein klarer Wettbewerbsnachteil für Deutschland.
Ein weiteres Problem: Der europäische Automarkt schwächelt. Viele Hersteller kämpfen mit einer stagnierenden oder gar rückläufigen Nachfrage. Besonders im Volumensegment macht sich dies bemerkbar.
Während in China und den USA Elektrofahrzeuge und Hybridmodelle weiter zulegen, bleibt Europa hinter den Erwartungen zurück.
„Das Marktwachstum findet andernorts statt“, resümiert der VDA.
Trump-Zölle
Als wäre die wirtschaftliche Lage nicht schon herausfordernd genug, kommt ein weiteres Risiko hinzu: die protektionistische Handelspolitik der USA unter Präsident Donald Trump.

Laut der VDA-Umfrage gehen 86 Prozent der Autozulieferer davon aus, dass sie von neuen US-Zöllen betroffen sein werden. Trump hatte zuletzt mehrfach betont, europäische Autobauer mit zusätzlichen Importzöllen zu belegen, um die amerikanische Produktion zu stärken.
Für deutsche Unternehmen könnte das erhebliche Folgen haben: Die USA sind nach China der wichtigste Exportmarkt für deutsche Fahrzeuge und Komponenten. Sollten neue Zölle kommen, könnte das die Wettbewerbsfähigkeit massiv beeinträchtigen. Einige Unternehmen überlegen bereits, ihre Produktion stärker in Nordamerika auszubauen, um Strafzölle zu umgehen – ein weiterer Rückschlag für den deutschen Industriestandort.
Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr: Was die Politik jetzt tun muss
Der VDA fordert deshalb ein schnelles Umdenken der Politik. „Wir brauchen ein ambitioniertes Programm für Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit mit konkreten Reformen“, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
Neben einer Senkung der Unternehmenssteuern und einem Bürokratieabbau steht vor allem eine verlässliche Energiepolitik im Fokus.
Tatsächlich sind die wirtschaftspolitischen Signale aus Berlin bislang durchwachsen. Zwar hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr diverse Förderprogramme für die Automobilindustrie auf den Weg gebracht, doch viele Unternehmen kritisieren eine zu langsame Umsetzung. Gleichzeitig sehen sich Mittelständler mit immer komplexeren regulatorischen Anforderungen konfrontiert.
Während Frankreich und die USA milliardenschwere Subventionsprogramme zur Standortförderung auflegen, bleibt Deutschland vergleichsweise zögerlich. Die Folge: Immer mehr Unternehmen schauen sich nach Alternativen im Ausland um – ein Trend, der, sollte er sich fortsetzen, gravierende Folgen für die gesamte Automobilindustrie und den Arbeitsmarkt haben könnte.
Deutschland droht, den Anschluss zu verlieren
Die Lage der deutschen Autozulieferer ist angespannt, und die geopolitischen Unsicherheiten verstärken die Krise. Hohe Kosten, schwache Nachfrage und drohende US-Zölle setzen die Branche massiv unter Druck.
Wenn Deutschland seinen Status als führender Automobilstandort halten will, braucht es jetzt entschlossene wirtschaftspolitische Maßnahmen. Ansonsten könnte das Auto der Zukunft womöglich nicht mehr „Made in Germany“, sondern „Made in North America“ sein.
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