30. September, 2024

Politik

Österreichs politische Landschaft vor richtungsweisenden Koalitionsverhandlungen

Österreichs politische Landschaft vor richtungsweisenden Koalitionsverhandlungen

Österreichs traditionelle Parteienlandschaft steht vor einer entscheidenden Zerreißprobe. Nach den nationalen Wahlen am vergangenen Sonntag haben die etablierten politischen Kräfte angekündigt, die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) von einer Regierungsbildung abzuhalten. Dieses Vorgehen spiegelt eine europäische Strategie wider, die bereits in Deutschland und Frankreich Erfolg hatte.

Die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen dürften langwierig sein. Trotz des Wahlsiegs der FPÖ wird deren umstrittener Vorsitzender Herbert Kickl voraussichtlich keine Rolle im neuen Kabinett spielen. Sämtliche anderen Parlamentsparteien haben bereits angekündigt, nicht mit der FPÖ unter seiner Führung zusammenzuarbeiten. Somit bleibt die Tür für eine Koalition der zweit- und drittstärksten Parteien, der konservativen Volkspartei (ÖVP) von Kanzler Karl Nehammer und den Sozialdemokraten (SPÖ), offen.

Die historische Kombination aus ÖVP und SPÖ könnte das Land erneut regieren. Diese Konstellation, traditionell ein Stabilitätsanker in der österreichischen Politik, könnte trotz ihrer Differenzen notwendige Reformen auf den Weg bringen. Die Möglichkeit, dass zusätzlich die liberalen NEOS in die Koalition eingebunden werden, ist ebenfalls im Gespräch.

In der Öffentlichkeit sorgt das Ausschließen der FPÖ für Kontroversen. Kickl selbst hat die Entscheidung scharf kritisiert und warnt vor einem Betrug am Wählerwillen. Geopolitische Analysten, wie Marcus How von VE Insight, sehen jedoch langfristige Vorteile für Kickl, der aus der Opposition heraus die Schwächen der Regierungskoalition nutzen könnte.

Dies entspricht einem bekannten Muster in Europa. In Deutschland wird die AfD ähnlich ausgegrenzt, während in Frankreich eine linke Allianz den Aufstieg des Rassemblement National verhindert hat. In den Niederlanden beteiligt sich Geert Wilders' rechtsextreme Partei zwar an der Regierungskoalition, bleibt jedoch von führenden Positionen ausgeschlossen.

Die Gespräche über eine mögliche Dreier-Koalition könnten sich bis ins nächste Jahr ziehen. Die derzeitige Regierung aus ÖVP und Grünen wird in dieser Übergangsphase die Geschäfte weiterführen. Wer auch immer die nächste Regierung bildet, steht vor großen Herausforderungen, wie der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, dem Umgang mit steigenden Löhnen und Inflation sowie dem Übergang zu alternativen Energiequellen nach dem wahrscheinlichen Ende der russischen Gaslieferungen im Dezember.