Die politische Landschaft Österreichs steht vor einem möglichen Umbruch, nachdem die letzte Hürde bei der Regierungsbildung fiel. Der ehemalige Kanzler Karl Nehammer von der gemäßigten konservativen Partei ÖVP trat zurück, nachdem seine Versuche, eine neue Regierung mit den Sozialdemokraten (SPÖ) und den liberalen Neos zu bilden, gescheitert waren.
Christian Stocker, Nehammers Nachfolger und Generalsekretär der ÖVP, öffnete daraufhin die Tür für Gespräche mit der rechtspopulistischen FPÖ unter der Führung von Herbert Kickl. Damit scheint der Weg für Kickl zum Kanzleramt nicht mehr weit.
Die politischen Analysten sind sich einig: Die jüngsten Entwicklungen stärken die FPÖ, unabhängig vom weiteren Verlauf. Thomas Hofer, ein hochrangiger österreichischer Politikanalyst, merkt an, dass die Chancen für Kickl als Kanzler nun 'sehr hoch' sind. Besonders in einer Situation, in der Kickl sicherlich keine Neuwahlen anstrebt, sondern das Bedürfnis hat, seine Verhandlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.
Dieser potenzielle Erfolg wäre historisch für die österreichische Rechte und könnte die steigende Bedeutung ähnlicher Parteien in Europa konsolidieren. Die FPÖ erzielte bei Wahlen Ende September mit über 29 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis.
Kickls pro-russische Ansichten und unkonventionelle Positionen in der Pandemie haben ihn jedoch zu einem heiklen Partner für Nehammer und andere Zentristen gemacht. Die Idee einer politischen Isolation der Rechten war jedoch in Österreich nie dauerhaft stabil. Die FPÖ hat in der Vergangenheit mehrfach in Regierungskonstellationen mitgemischt.
Eine Umfrage der Kronen Zeitung signalisiert, dass die FPÖ in einer möglichen Neuwahl bis zu 37 Prozent der Stimmen erreichen könnte, während die ÖVP möglicherweise auf 21 Prozent zurückfällt. Die Aussichten für eine Partnerschaft zwischen SPÖ und ÖVP, um die FPÖ in Schach zu halten, erscheinen gering.
Ein weiteres Hindernis war Sebastian Kurz, der für ein Comeback plädierte. Trotz juristischer Probleme erhofft sich Kurz die Rückkehr, was Nehammers Stellung endgültig unhaltbar machte. Sein Vorschlag für ein Comeback scheiterte jedoch an den finanziellen und politischen Grenzen der Partei.
Die Diskussionen über die Zukunft der ÖVP und ihrer Führung sind noch nicht beendet, und viele Beobachter sehen Kurz noch nicht am Ende seiner politischen Karriere.