18. September, 2024

Politik

Österreichs "Asylwunder"? Ein kritischer Blick hinter die sinkenden Migrantenzahlen

Während die Politik sinkende Asylanträge als Erfolg feiert, offenbaren tiefere Einblicke in die Statistiken eine andere Realität.

Österreichs "Asylwunder"? Ein kritischer Blick hinter die sinkenden Migrantenzahlen
Sicherheitsmaßnahmen an den Grenzen zu Serbien und Ungarn haben zu einer Verlagerung der Migrationsrouten geführt, die Österreich zunehmend umgehen.

Die Veränderung der Migrationspolitik und ihre Folgen

In den vergangenen Jahren hat Österreich eine deutliche Abnahme der Asylanträge verzeichnet. Was vordergründig als politischer Erfolg gefeiert wird, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein komplexes Geflecht aus nationalen Maßnahmen und internationalen Dynamiken.

Österreich, einst an der Spitze der EU-Staaten mit den meisten Pro-Kopf-Asylanträgen, hat seine Strategie radikal geändert. Die Einführung von Grenzkontrollen, beschleunigten Asylverfahren und diplomatischen Pressionen auf Transit- und Herkunftsländer haben die Antragszahlen erheblich reduziert.

Im ersten Halbjahr 2024 wurden lediglich 15.000 Asylanträge gestellt, ein Rückgang, der auf den ersten Blick beeindruckt.

Österreichs verstärkte Grenzkontrollen haben paradoxerweise dazu geführt, dass viele Migranten erst nach Einreise einen Asylantrag stellen, anstatt direkt nach Deutschland weiterzureisen

Politische Instrumentalisierung einer fragilen Statistik

Doch diese Zahlen sind nicht ohne Weiteres als Beleg für eine erfolgreiche Migrationspolitik zu werten.

Die Analyse zeigt, dass von diesen Anträgen nur ein Bruchteil, etwa 5000, originäre Anträge waren, also von Personen, die ohne vorherige Registrierung oder Kategorisierung wie Familiennachzug oder nachgeborene Kinder Österreich erreichten. Der Großteil der Anträge entstammt regulierten Zuwanderungsprogrammen.

Des Weiteren steht die von der ÖVP und der rechtsaußen positionierten FPÖ propagierte harte Linie in krassem Gegensatz zu den realen Gegebenheiten. Während die FPÖ die Legalisierung von Pushbacks fordert und damit international für Empörung sorgt, zeigt sich, dass Österreichs Praxis der Abschiebungen eine andere Sprache spricht.

Die meisten Abgeschobenen waren EU-Bürger oder Personen, für die laut dem Dubliner Abkommen ein anderer EU-Staat zuständig ist.

Die unbequeme Wahrheit hinter den Abschiebungszahlen

Auch die hohen Abschiebungszahlen, die Innenminister Gerhard Karner herausstellt, verdienen eine kritische Betrachtung. Von den circa 6500 abgeschobenen Personen waren lediglich eine Handvoll tatsächlich aus Kriegsregionen wie Syrien, Irak oder Afghanistan.

Trotz der politischen Darstellung eines strikten Asylkurses zeigt die Statistik, dass der Großteil der abgeschobenen Personen EU-Bürger waren, nicht Asylsuchende aus Kriegsgebieten.

Der überwiegende Teil bestand aus EU-Bürgern, die wirtschaftlich nicht selbstständig in Österreich leben konnten.

Eine umstrittene Grenzpolitik und ihre Folgen

Die Grenzkontrollen, insbesondere an der Grenze zu Ungarn, haben laut Innenministerium zu einer Abschreckungswirkung geführt.

Kritiker argumentieren jedoch, dass diese Maßnahmen paradoxerweise dazu führen, dass Migranten erst in Österreich Asylanträge stellen, anstatt, wie ursprünglich geplant, nach Deutschland weiterzureisen.

Die Rolle externer Faktoren und die Migrationsrouten

Ein weiterer Faktor, der zur Abnahme der Asylanträge beigetragen hat, ist das harte Vorgehen serbischer Sicherheitskräfte an der Grenze zu Ungarn, was viele Migranten dazu veranlasst hat, alternative Routen über Bosnien, Kroatien und Slowenien nach Italien zu suchen. Österreich wird dadurch oftmals umgangen, ein Umstand, der in der politischen Rhetorik selten Erwähnung findet.