16. Oktober, 2024

Unternehmen

Online-Modehändler heben Prognosen an

Nach langer Durststrecke blicken Deutschlands größte Online-Modehändler optimistisch in die Zukunft. Sowohl Zalando als auch About You haben ihre Umsatzprognosen angehoben und verzeichnen steigende Kundenzahlen.

Online-Modehändler heben Prognosen an
Zalando erreicht Meilenstein, doch Herausforderungen bleiben – Trotz der Rekordzahl von 50 Millionen Kunden sieht sich Zalando weiterhin mit den steigenden Kosten für Logistik und veränderten Konsumgewohnheiten konfrontiert, die den langfristigen Erfolg ungewiss machen.

Die größten Online-Modehändler Deutschlands, Zalando und About You, zeigen sich wieder optimistischer. Nach schwierigen Monaten, geprägt von Wirtschaftsschwäche und Inflation, scheinen die Zeichen nun auf Erholung zu stehen.

Besonders der Start in die Herbst- und Wintersaison verleiht den Unternehmen neuen Schwung. Zalando und About You haben ihre Ausblicke für das laufende Geschäftsjahr nach oben korrigiert. Gleichzeitig steigen die Kundenzahlen wieder – ein ermutigendes Zeichen für die Branche.

Tarek Müller, der Chef von About You, zeigte sich besonders optimistisch.

„Ich bin aktuell zuversichtlicher denn je, dass wir die Talsohle durchschritten haben“, sagte er in einem Interview.

Er sieht drei Hauptfaktoren für diesen Stimmungsumschwung: Erstens wachse der E-Commerce wieder, zweitens verbessere sich die Verbraucherstimmung leicht, und drittens entspanne sich die Wettbewerbssituation.

Damit spielt er auf die asiatischen Billiganbieter Temu und Shein an, die zu Beginn des Jahres für viel Wirbel auf dem europäischen Markt gesorgt hatten. „Wir stellen fest, dass es unseren asiatischen Wettbewerbern schwerfällt, Kunden zu halten“, so Müller.


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Direktlieferungen und Marktplatzmodell bei About You

Während Zalando den Markteintritt von Temu und Shein als weniger bedrohlich einschätzt, plant About You einen strategischen Schritt, um dem veränderten Konsumverhalten entgegenzutreten: Ab 2025 sollen Direktlieferungen angeboten werden.

Temu und Shein haben die etablierten Online-Händler herausgefordert, doch ihre Fähigkeit, Kunden dauerhaft zu binden, scheint nachzulassen. Ob dies nachhaltig bleibt, ist jedoch fraglich.

Ursprünglich war der Start für 2024 geplant, doch dieser wurde aufgrund der neuen Zahlungsdiensterlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf nächstes Jahr verschoben. „Die Zahlungsdiensterlaubnis ist ein Meilenstein und eine wichtige Grundlage für die Skalierung unseres Marktplatzmodells“, erklärte Müller.

Der Verkauf direkt aus der Fabrik, ähnlich wie es Temu vormacht, soll zwar keinen großen, aber einen spürbaren Beitrag zum Umsatz leisten. „Wir erwarten im kommenden Jahr einen Umsatzbeitrag im einstelligen Prozentbereich“, so der About-You-Chef. Dennoch bleibt die Frage offen, ob diese neue Strategie langfristig den gewünschten Effekt haben wird.

Zalando knackt die Marke von 50 Millionen Kunden

Auch Zalando hat Grund zur Freude. Im dritten Quartal 2024 erreichte das Berliner Unternehmen die prestigeträchtige Marke von 50 Millionen aktiven Kunden.

Quelle: Eulerpool

Dieser Erfolg kommt nach einer Phase, in der die Kundenzahlen stagnierten und viele Konsumenten wieder vermehrt in stationären Geschäften einkauften. Zalando erwartet für das laufende Geschäftsjahr nun ein Umsatzwachstum von zwei bis fünf Prozent, was einem Umsatz von bis zu 10,7 Milliarden Euro entsprechen würde.

Quelle: Eulerpool

Auch das Betriebsergebnis (Ebit) wurde nach oben korrigiert: Statt 380 bis 450 Millionen Euro rechnet das Unternehmen nun mit einem Plus von 440 bis 480 Millionen Euro.

Optimismus trotz Herausforderungen

Trotz dieser positiven Entwicklungen bleiben die Herausforderungen groß. Die Branche kämpft nach wie vor mit der veränderten Marktlage seit dem Ende der Corona-Pandemie.

Tarek Müllers Optimismus bei About You – Der CEO von About You setzt auf die Einführung von Direktlieferungen, doch die versprochenen Umsatzsteigerungen bleiben mit erwarteten Beiträgen im einstelligen Prozentbereich zunächst bescheiden.

Viele Konsumenten haben das Shoppen in physischen Geschäften wiederentdeckt, und die Inflation dämpft weiterhin die Kauflust. Volker Bosse, Analyst bei der Baader Bank, sieht in den angehobenen Prognosen der Unternehmen dennoch einen wichtigen Wendepunkt.

Besonders die geringeren Preisnachlässe und die strikte Kostendisziplin haben laut Bosse zur Verbesserung der Gewinnmargen beigetragen.

Ein Blick in die Zukunft

Obwohl die großen Online-Modehändler wieder etwas optimistischer sind, bleibt die Frage, ob dieser Aufwärtstrend von Dauer ist. Die Konkurrenz aus Asien, die steigenden Kosten für Logistik und Waren sowie das veränderte Konsumverhalten der Menschen werden weiterhin den Markt prägen.

Doch zumindest für den Moment scheint es, als hätten die beiden größten Player des deutschen Online-Modehandels die Talsohle durchschritten – mit dem Blick fest auf Wachstum gerichtet.