Die Märkte reagieren empfindlich, sobald der Nahost-Konflikt eskaliert – das zeigte sich am Donnerstag einmal mehr, als der Ölpreis nach einer Äußerung von US-Präsident Joe Biden sprunghaft um fünf Prozent anstieg.
Auf die Frage, ob er einen Angriff Israels auf iranische Öleinrichtungen unterstützen würde, antwortete Biden: „Wir diskutieren das.“ Diese Aussage reichte aus, um Sorgen über eine mögliche Eskalation der Lage und den Einfluss auf die weltweite Ölversorgung zu wecken.
Angst vor Förderausfällen – der Markt reagiert sofort
Am Rohstoffmarkt sorgte die Aussage des US-Präsidenten für sofortige Turbulenzen. Der Preis für ein Barrel der US-Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) kletterte um mehr als fünf Prozent auf knapp 74 US-Dollar, während die Nordseesorte Brent auf fast 77 US-Dollar pro Fass stieg.
Der Nahost-Konflikt hat die Märkte seit Monaten im Griff, doch die jüngste Verschärfung könnte schwerwiegendere Folgen für die weltweite Ölproduktion haben.
Analysten warnen, dass ein groß angelegter israelischer Angriff auf Irans Ölinfrastruktur das Angebot erheblich beeinträchtigen könnte. Die Citigroup schätzt, dass bis zu 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag vom Markt genommen würden, sollte es zu einem umfassenden Angriff auf iranische Exportkapazitäten kommen.
Selbst kleinere Angriffe auf nachgelagerte Anlagen könnten laut den Analysten den Verlust von 300.000 bis 450.000 Barrel pro Tag bedeuten. Angesichts der Bedeutung der Region, die mehr als ein Drittel des weltweiten Öls fördert, sind die potenziellen Folgen auf die Ölpreise enorm.
Steigende Volatilität und neue Rekorde im Handel
Die wachsende Unsicherheit zeigt sich auch am Handel mit Öloptionen. Die Nachfrage nach Kontrakten, die auf weiter steigende Ölpreise setzen, erreichte am Mittwoch in den USA einen Rekordwert.
Einige Optionen wurden sogar zu einem Preis von 100 US-Dollar pro Barrel gehandelt. Diese Entwicklung verdeutlicht die hohe Volatilität des Ölmarkts, der zunehmend von geopolitischen Spannungen und Ängsten vor Angebotsausfällen bestimmt wird.
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Reservenkapazitäten bleiben ungenutzt
Doch trotz der aktuellen Krise gibt es auch Anzeichen, dass sich das Angebot in den kommenden Monaten wieder entspannen könnte. Die Opec+, ein Bündnis aus den Opec-Ländern und Russland, plant, einen Teil ihrer derzeit stillgelegten Kapazitäten wieder auf den Markt zu bringen.
Diese Maßnahme, die für Dezember angekündigt ist, könnte den Preisdruck verringern. Allerdings bleiben Zweifel, ob die Opec+ ihre Kapazitäten wie geplant freigeben wird, da es in der Vergangenheit wiederholt zu Verzögerungen kam.
In den USA stiegen die Rohölvorräte in der vergangenen Woche um unerwartete 3,89 Millionen Barrel – der größte Anstieg seit fünf Monaten. Doch diese Reserven kommen nicht auf den Markt, da die künstliche Verknappung durch die Opec+ anhält. Analysten wie Eric Lee von der Citigroup sehen darin den Versuch, die Preise auf einem hohen Niveau zu halten, um von der Unsicherheit zu profitieren.
Der Ölmarkt bleibt nervös
Obwohl die Vorräte vorhanden sind und eine Rückkehr zu stabileren Preisen möglich scheint, bleibt der Ölmarkt in den kommenden Wochen volatil. Sollte Israel tatsächlich iranische Ölanlagen ins Visier nehmen, könnten die Preise erneut stark anziehen.
Ein Verlust von bis zu 1,5 Millionen Barrel pro Tag wäre für die Weltwirtschaft spürbar und würde den ohnehin angespannten Energiemarkt weiter destabilisieren.